Goethe Gesellschaft Gera e.V. » Rückblick

Ausflug auf die Weidaer Osterburg

Unser Ausflug am 3. März 2018 führte uns nach Weida auf die Osterburg. Dieses imposante Gemäuer war einst Stammsitz der Vögte, dessen Herrschaftsbereich bis ins Regnitzland reichte. Zunächst besuchten wir das Museum, bewunderten die Atomuhr, machten uns mit bedeutenden gebürtigen Weidaer Wissenschaftlern und deren Erfindungen bekannt, erlebten den 360-Grad Raum. Hier werden Ansichten des Umlandes direkt auf die Ziegelmauer projiziert, und wir erlebten auf diese beeindruckende Weise die Geschichte der Reußen und die Schönheit ihres Landes. Wer wollte, konnte natürlich auch den Bergfried weiter besteigen – eine ziemlich schweißtreibende Angelegenheit.

Anschließend begaben wir uns ins Burgrestaurant, ins stilvolle, anheimelnde Tonnengewölbe. Dort genossen wir Kaffee und Kuchen. Einige Kulmbacher und Goethefreunde lasen aus ihren Manuskripten.

Höhepunkt war natürlich das deftige Ritteressen, zu dem uns ein uriger Spielmann aufspielte. Seine Scherze und munteren Wortspiele brachten uns zum Lachen.

So verlebten wir einen schönen Tag, der Bus brachte die Geraer und Erfurter unter Gesang nach Hause. Unsere Kulmbacher Literaturfreunde kamen in ihren PKW ebenfalls wohlbehalten in ihrer Heimatstadt an.

Meine Lieder schossen auf wie die Nesseln. Denkwürdiges über Wilhelmine von Chezy

Vortrag von Dr. Maria-Verena Leistner, Leipzig, am 7. März 2018

In der Zeit zwischen 1815 und 1830 gehörte Wilhelmine von Chezy, auch Helmina oder Helmine genannt, zu den bekanntesten Schriftstellerinnen. Heute wird ihr Name lediglich als Librettistin von Carl Maria von Webers Oper „Euryanthe“ oder Verfasserin des Textes zu Franz Schuberts Schauspielmusik „Rosamunde“ genannt. Ihr Gedicht „Ach wie wär‘s möglich dann“ ist zum Volkslied geworden. Sie wurde als Wilhelmine Christiane von Klencke am 26. Januar 1783 in Berlin geboren. Da war die Ehe der Eltern bereits geschieden und das Mädchen wuchs unter der Obhut von Mutter, Caroline Luise von Klencke (1750-1802), und Großmutter, Anna Luise Karsch (1722-1791), auf. Beide Frauen waren Schriftstellerinnen, die Großmutter – genannt: die Karschin – in ihrer Zeit eine Berühmtheit, der auch Goethe im Mai 1778 seine Aufwartung machte. Wilhelmine besuchte keine Schule, die Mutter unterrichte sie zu Hause, Zeichnen lernte sie bei Daniel Chodowiecki und das Lesen wurde ihr früh zur Leidenschaft.
Im August 1799, da war sie sechzehneinhalb Jahre alt, wurde Helmina mit dem Offizier Karl Gustav von Hastfer verheiratet. Schon 15 Monate später erzwang sie – unter Preisgabe des gesamten Vermögens – die Scheidung. Die Frage nach der weiteren Lebensgestaltung half ein Zufall lösen. Helmina lernte die in Berlin lebende französische Emigrantin und Erfolgsautorin Felicité de Genlis kennen, die die junge Frau zu sich nach Paris einlud und dort für sie zu sorgen versprach. Die Warnungen, da die Genlis in der Gesellschaft einen etwas zweifelhaften Ruf genoss, schlug Helmina in den Wind und reiste im Mai 1801 nach Paris. Außer Unterricht im Französischen erhielt sie nicht die versprochene „mütterliche Liebe und Sorgfalt“. Helmina war nun ganz auf sich verwiesen. Eine Stelle als Erzieherin fand sie nicht – man nahm Anstoß daran, dass sie eine geschiedene Frau war. Mit großem Lerneifer holte sie an Bildung nach, was ihr bisher vorenthalten worden war. Sie besuchte die Pariser Nationalbibliothek und die Nationalgalerie und lernte ohne Anleitung Altfranzösisch, Italienisch, Spanisch und Englisch. Sie verschaffte sich Zugang zu verschiedenen Salons und suchte Kontakte zu Literaten und Verlegern.
Mit der von der Großmutter Karsch geerbten Lust zum Schreiben hatte bereits in Berlin die vierzehnjährige Helmina einen Roman begonnen und war von Jean Paul zu weiterer literarischer Arbeit ermuntert worden. In ihm sah sie fortan ihren Mentor und hielt den Kontakt zu ihm über 22 Jahre hin aufrecht. In Paris nun musste sie ihren Lebensunterhalt mit dem Schreiben verdienen. Es waren vor allem Berichte zur Zeitgeschichte und zur aktuellen Kunst, die von deutschen Verlegern veröffentlicht wurden. Dazu erschienen ab 1807 Gedichte, die ihr leicht aus der Feder flossen. Darin kamen häufig Naturerlebnisse und Gemütsverfassungen zum Ausdruck. Ganz in der Tradition der Karschin schrieb sie auch Widmungsgedichte auf hochgestellte Personen, die ihr ab und zu mit wertvollen Geschenken dafür dankten. Unter dem Titel „Gedichte der Enkelin der Karschin“ erschienen 1812 die frühen Arbeiten in zwei Bänden und verschafften der Autorin Helmina einen Platz auf dem literarischen Markt.
Im Hause von Friedrich und Dorothea Schlegel lernte sie den zehn Jahre älteren Orientalisten Antoine Léonard de Chézy kennen. 1805 wurde geheiratet und Helmina nahm anfangs aktiv an den wissenschaftlichen Arbeiten ihres Mannes teil. 1806 und 1808 wurden die Söhne Wilhelm (später Schriftsteller, gest. 1865) und Max (später Maler, gest. 1846) geboren. Aber innerfamiliäre Spannungen und das Missbehagen in dem sich zur modernen Großstadt entwickelnden Paris bewirkten, dass Helmina 1810 mit den Kindern nach Deutschland zurückkehrte. Ein reger Briefverkehr blieb zwischen den Eheleuten bis zu Chézys Tod 1832 bestehen, und er überwies jährlich 2400 Francs nach Deutschland.
Helminas Leben war fortan von häufig wechselnden Aufenthaltsorten, materieller Not, Krankheit und etlichen Skandalgeschichten gekennzeichnet. Ihr Drang, sozial Bedürftigen Hilfe zukommen zu lassen, brachte sie in Konflikte mit dem Staatsapparat. 1813 organisierte sie in Darmstadt Hilfsaktionen für verwundete Franzosen. 1815 erwirkte sie vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. die Erlaubnis zu Besuchen in Lazaretten in Belgien und am Niederrhein. Weil sie dort Nachlässigkeiten bei der Versorgung Verwundeter aufdeckte, erregte Frau von Chezy das Missfallen der Lazarettverwaltungen, die sich nicht von einer Frau und Schriftstellerin Vorschriften machen lassen wollten. Sie indes ging in ihrem Eifer so weit, in einem Schreiben an den General der Infanterie, Grafen von Gneisenau, die Beschwerden von 33 Invaliden weiterzugeben und von der „Elendigkeit“ zu berichten, die einigen von ihnen widerfahren sei. Diese nach Köln zwecks Überprüfung zurückgesandte Eingabe brachte der Schreiberin eine Verleumdungsklage „wegen Amtsehrbeleidigung königlicher Behörden“ und Vorladung vor das Zuchtpolizeigericht ein. Daraufhin reiste Helmina am 24. Februar 1816 mit ihren Kindern Hals über Kopf aus Köln ab und kam nach vier Wochen in Berlin an, wo sie vor dem preußischen Kammergericht gegen den Vorwurf der Verleumdung kämpfte. Der damals dort tätige Dichter E. T. A. Hoffmann leitete die Untersuchung und bewirkte den Freispruch der Angeklagten.
Daraufhin verließ Helmina Berlin, wo für sie das Leben zu teuer wurde, und lebte von Oktober 1817 bis April 1823 in Dresden. Es waren Jahre eines umfangreichen geselligen Verkehrs und literarischer Produktivität. Mit den Kindern unternahm sie Wanderungen in der Sächsischen Schweiz und schrieb Gedichte auch auf die besuchten Örtlichkeiten. Schon in früheren Jahren hatte Helmina von Chezy sich mit fremdsprachiger Literatur beschäftigt und in Paris zu Friedrich Schlegels Sammlung übersetzter altfranzösischer Literatur beigetragen. Ein erstes Zeugnis für die Beschäftigung mit dem Spanischen war die Übersetzung des Calderón-Dramas „El galan Fantasma“, die sie im November 1816 Goethe zukommen ließ. Nun wurde diese Tätigkeit intensiviert. Gemeinsam mit dem kurhessischen Gesandten in Dresden, Ernst Otto von der Malsburg, übersetzte sie weitere Dramen Calderóns, die in sechs Bänden von 1819 bis 1825 bei Brockhaus in Leipzig erschienen. Es entstanden ebenfalls verschiedene Prosatexte. Eine bis heute bekannt gebliebene Arbeit der Dresdner Zeit war das Libretto zu Carl Maria von Webers Oper „Euryanthe“. Die Zusammenarbeit zwischen 1821 und 1823 gestaltete sich schwierig, weil die Intentionen beider Künstler voneinander abwichen. Es kam zu vielen Umarbeitungen, bevor am 23. Oktober 1823 am Wiener Kärntnertortheater unter Webers Leitung die Uraufführung stattfand. Heute heute wird die Oper nur noch selten gespielt.
Gesundheitliche Beschwerden bei Helmina von Chezy und die Behandlung des an Skrofulose erkrankten Sohnes Wilhelm mit Schwefelbädern erforderten einen Weggang aus Dresden. Zudem hatte sie sich neuerdings ins Gerede gebracht, weil sie einem an Wahnsinn erkrankten Maler ihre Pflege zuteil werden ließ. Wien, das Salzkammergut, München, noch einmal Paris, Baden-Baden, Heidelberg, das Elsaß und schließlich Genf waren die Orte, wo sich Helmina von Chezy – ab 1829 ohne ihre Söhne – in den Jahren bis zu ihrem Tod aufgehalten hat. 28 ihrer Prosatexte gab sie 1824-27 unter dem Titel „Stundenblumen“ in vier Bänden heraus. Im vierten Band ist die Erzählung „In Deo Consilium“ enthalten, in der Erlebnisse sowohl der Dresdner Zeit als auch der ersten in Österreich verbrachten Jahre verarbeitet sind. Gedichte wurden zu dem Band „Herzenstöne auf Pilgerwegen“ (1833) zusammengestellt. In den folgenden Jahren verfasste die Schriftstellerin hauptsächlich publizistische Texte.
In Österreich flammte Frau von Chezys Hilfsbereitschaft für notleidende Menschen noch einmal auf, als sie im Salzkammergut das Elend arbeitslos gewordener Salzbergleute erlebte. Nicht am Versiegen der Salzgewinnung glaubte sie die Ursache dafür zu sehen, sondern an Fehlern in der Verwaltung. Mit Hilfe der Kaiserin Caroline Auguste organisierte sie, dass den Arbeiterfrauen der Region um Hallstatt durch Flachsspinnen eine Verdienstquelle erschlossen wurde. Auch sammelte sie Beschwerden von Bergleuten ein und schickte diese an Kaiser Franz I. Ihn veranlasste die Angst vor sozialem Aufruhr, die Chezy im Dezember 1828 zu einer Audienz zu laden. Er dankte ihr zwar für ihren Einsatz, verwarnte sie zugleich wegen des Eingreifens in staatliche Angelegenheiten. In ihren Erinnerungen resümierte sie: „Zum zweiten Mal in meinem Leben blieb ich unverstanden, und hatte meine Widersacher durch weibliche Einmischung aufgebracht.“
1832 starb Léonard de Chézy an Cholera. Er hatte die Ergebnisse seiner Sanskrit-Studien nicht veröffentlichen können und Helmina kämpfte in Paris um die Anerkennung seiner wissenschaftlichen Arbeit. Mit einer schäbigen Summe (1.500 Francs) wurde sie abgefunden, die kostbare Bibliothek musste versteigert werden. Weil ihre Einnahmen allmählich versiegten, bat Helmina von Chezy bei Verlegern um Neuauflagen ihrer Texte, bei Theaterintendanten um Aufführung ihrer Bühnenwerke, hatte aber kaum Erfolg. Geringe materielle Zuwendungen vom preußischen König sowie von der 1842 in Dresden gegründeten Tiedge-Stiftung wurden der notleidenden und zuletzt erblindeten Frau zuerkannt. 1842/43 nahm sie lebhaft Anteil an den demokratischen Debatten und engagierte sich für die Rechte von Frauen. Als die Chezy vom Projekt eines „Armenbuches“ der Bettina von Arnim erfuhr, begann sie mit der Arbeit an einem – Fragment gebliebenen – Buch über soziale Fragen mit dem Titel „Dies Buch gehört Bettinen“. 1853 siedelte sie an den Genfer See über. Dort starb sie am 28. Januar 1856. Zuletzt war aus Schlesien eine Großnichte zu ihr gekommen, der sie ihre Lebenserinnerungen diktierte, die 1858 unter dem Titel „Unvergessenes“ erschienen.

Elke Sieg mit der Thüringer Ehrenamtscard ausgezeichnet

Sie ist die gute Seele des Vereins, so hieß es in der Laudatio zur Ehrung unserer Geschäftsführerin Elke Sieg anlässlich des Tages des Ehrenamtes – ein gelungener Jahresabschluss für das Gründungsmitglied der Geraer Goethe-Gesellschaft. Unermüdlich, über mittlerweile elf Jahre hinweg, steht sie zuverlässig für eine vorbildliche Kassenführung, die auch unter den strengen Augen des Finanzamtes Bestand hat. Elkes Arbeit geschieht fast unbemerkt, im Hintergrund. Daher war es an der Zeit, endlich einmal ihr Engagement zu würdigen.

Wir gratulieren ihr aufs Herzlichste!

Jahresabschluss in der Mühle Kleinhettstedt

Ausflug am 2. Dezember 2017

Erfurter und Geraer Goethefreunde begaben sich auf Jahresabschlussfahrt nach Kleinhettstedt. Die dortige Senfmühle war unser Ziel. Die Mühle wurde erstmals im 16. Jahrhundert erwähnt. Lange Zeit diente sie als Gips-, Senf-, Säge- und Graupenmühle. Auch Öl wurde hier gewonnen. Ende des 19. Jahrhunderts wurde dieses Geschäft aufgegeben und eine reine Getreidemühle eingerichtet.

Diente zunächst das Wasser der Ilm zum Antrieb, wurde der Mahlbetrieb später per Dieselmotor, dann elektrisch aufrechterhalten.

1972 wurden die Besitzer enteignet, die Mühle als volkseigener Betrieb weitergeführt. Nach der Wende erfolgte die Reprivatisierung unter schwierigen Bedingungen. Da die Familie den von der Treuhand geforderten Betrag von 250 000 DM nicht aufbringen konnte, ließ die Behörde 1991 die Roggenmühle und andere Teile des Maschinenparks demontieren. Der Betrieb erwies sich als zu groß für Kleinkunden und zu klein für Großkunden. Eine schwierige Lage.

Wikipedia: Der Aufschwung begann 1996 mit dem Einbau von Ferienwohnungen und einem Festsaal. 1998/99 richtete man Gewerberäume in der Roggenmühle ein. Seit 1999 wird die Weizenmühle wieder als Senfmühle genutzt – aus Sicht des Betreibers ein aktiver Beitrag zum Denkmalschutz, da der Erlös in den Erhalt des Denkmalensembles fließt. 2001 wurde die Antriebstechnologie wieder mit einer Lokomobile komplettiert. Der Mühlbach treibt heute (seit 2012) eine Francis-Schachtturbine an, die einen 35-kW-Elektromotor mit Strom versorgt. Von hier aus werden alle Maschinen über teils meterlange Riemen bewegt. Im 1901 stillgelegten Mühlgraben soll künftig ein Wasserrad neu entstehen, um die Mühle anzutreiben. Den Betrieb führt heute Ulf Morgenroth, in neunter Generation seit 1732.

In dem kleinen Senfladen konnten wir etwa zwanzig verschiedene Senfproben verkosten und natürlich auch kaufen. Anschließend begaben wir uns zum Mühlenwirt, in einen als uriges Restaurant umgebauten ehemaligen Stall. Das Ehepaar Reimann bot uns ein kurzweiliges Gesangsprogramm. Wir ließen uns Kaffee und Kuchen, später das Abendessen schmecken. Auch führten wir eine gemeinsame Mitgliederversammlung durch.

Wolken als Sinnbilder bei Goethe

Vortrag von Martin Blum, Berlin, am 1. November 2017

„Mein Blick war auf den Himmel gerichtet“. Dieser Vers stammt von Goethe und steht leitmotivisch für diesen Vortrag, ist das Augenmerk auf eine ganz besondere Himmelserscheinung gerichtet: Es ist die Rede von den Wolken.

Goethe als Wolkenforscher

In der Sophien-Ausgabe sind allein 1309 Treffer zu verzeichnen, wenn man „Wolken“ eingibt. Da geht die Rede von Silber-,Gold- und Schneewolken, Federwolken, Wolkenbergen und -felsen, Kranich- und Zauberwolken und von einer Wolkensammlerin (gemeint ist eine serbische Schicksalsgöttin).
Warum forschte Goethe auf diesem Gebiet? Da gibt es den Auftrag der Aufklärer, die Welt komplex zu erfassen und zu erforschen. Freilich bleibt immer ein Rest des Unbestimmbaren; ein Rest, der sich der Zuordnung in höhere Zusammenhänge verweigert. Wolken sind der Inbegriff dieses Konflikts: scharfe Konturen und schwebende Auflösung, Verwandeln von Form in Formlosigkeit. Wolken wecken das Gefühl von Erhabenheit, wie es dem jungen Goethe schon passierte. Später trat vermehrt Beobachterinteresse an diese Stelle. Es sind die zweite Schweizer Reise 1779/80, die italienische Reise 1786/88 sowie schwerpunktmäßig die Zeit nach 1815, nachdem Goethe die Wolkenlehre des Engländers Luke Howard zur Kenntnis genommen hatte.
„Die Wolken, eine dem Menschen von Jugend auf so merkwürdige Lufterscheinung, ist man in dem platten Lande doch nur als etwas Fremdes, Überirdisches anzusehen gewohnt. Man betrachtet sie nur als Gäste, als Streichvögel, die unter einem anderen Himmel geboren, von dieser oder jener Gegend bei uns augenblicklich vorbeigezogen kommen; als prächtige Teppiche, womit die
Götter ihre Herrlichkeit vor unseren Augen verschließen.“
Auf seiner italienischen Reise erlebte Goethe riesige Wolkenballungen. Er beschrieb sie in seinem Tagebuch in naturwissenschaftlicher Hinsicht: Gebirge versammeln ungeheure Wolkenmassen, bis sie durch inneren Kampf – Gewitter – als Regen niedergehen. Der „Rest“ entzieht sich der Schwerkraft der Erde, steigt am Gebirge empor, um sich schließlich aufzulösen. Somit betrachtet Goethe den Himmel als Konfliktzone und vertritt die Auffassung, die Erde besitze im belebten Ein- und Ausatmen die Möglichkeit, eine Anziehungskraft zu erzeugen. Auf diese Weise entwirft Goethe die Skizze einer ersten Witterungs- und Wolkenlehre. Später treten weitere Beobachtungen, auch mit Hilfe eines Barometers, hinzu.
Nach 1815 erweitert Goethe seine Studien. Ein Grund ist, dass Herzog Carl August eine Wetterstation bei Weimar plant, weitere kommen hinzu. Zum anderen macht der Herzog Goethe auf Howards Wolkenlehre aufmerksam. Der Engländer führte eine Wolkenordnung ein: Cirrus- oder Federwolken, Kumulus- (Haufen-) und Stratuswolken, letztere als Schichtwolken. Hinzu treten Nimbus, heute Nimbostratus, die Regenwolke sowie Mischformen. Allen Wolkenerscheinungen wird ein eigenes Gedicht gewidmet.
Der „Versuch einer Witterungslehre“ erscheint posthum, es ist sein Hauptwerk auf dem Gebiet der Meteorologie. Er beschreibt auch Winderzeugung und -fahnen, Wasserbildung, Elektrizität, Gebrauch von Barometer, Thermometer, Hygrometer.
Einen Monat vor seinem Tod veranlasste Goethe die Schließung aller Wetterstationen, mit Ausnahme Jenas. Er war zu der Ansicht gelangt, dass aus tropischen Ländern bessere Messergebnisse zu erwarten seien.
Fast alle Thesen Goethes haben ihre Gültigkeit verloren, beispielsweise die Auffassung von der pulsierenden Schwerkraft der Erde. Diese tellurische Annahme hat sich als Irrtum erwiesen, das Wetter bleibt von anderen Gestirnen unbeeinflusst. Die Howard’sche Einteilung gilt allerdings noch, wurde jedoch erweitert. Galten zu Howards Zeiten schließlich sieben Wolkentypen und zehn Mischformen, sind es heutigentags einige mehr: zwanzig Wolkengattungen, 14 -arten und neun Sonderformen.

Goethe als Wolkenpoet

Der Dichter verwandelt die Welt in ein Bild, das er durch die poetische Sprache erzeugt, wie es vor dem geistigen Auge erscheint. Somit erscheinen die Wolken metaphorisch für das Göttliche, die Liebe, die Inspiration, die Poesie und – die Sorge. Es entstehen Wolken als Sinnbilder.
Götter in Wolken erscheinen zu lassen hat eine lange Tradition, sie liegt beispielsweise im Babylonischen, Altindischen, Jüdischen, Muslimischen und Christlichen gegründet. Götter erscheinen ihr Wesen verschleiernd oder auch verkündend. Goethe bedient sich der Götter zum Beispiel in seiner Elegie „Euphrosyne“, im „Faust“-Drama und natürlich im Gedicht „Prometheus“: Zeus im Wolkendunst. Im West-Östlichen Diwan heißt es:

Die Sonne, Helios der Griechen,
Fährt prächtig auf der Himmelsbahn;
Gewiß, das Weltall zu besiegen,
Blickt er umher, hinab, hinan.
 
Er sieht die schönste Göttin weinen,
Die Wolkentochter, Himmelskind;
Ihr scheint er nur allein zu scheinen;
Für alle heitren Räume blind…

Euphrosyne

Segnend kränze das Haupt mir mit dem heiligen Mohn!
Aber was leuchtet mir dort vom Felsen glänzend herüber
Und erhellet den Duft schäumender Ströme so hold?
Strahlt die Sonne vielleicht durch heimliche Spalten und Klüfte.
Denn kein irdischer Glanz ist es, der wandelnde, dort.
Näher wälzt sich die Wolke, sie glüht. Ich staune dem Wunder!

In Howards Ehrengedächtnis heißt es:
Wenn Gottheit Camarupa, hoch und hehr,
Durch Lüfte schwankend wandelt leicht und schwer,
Des Schleiers Falten sammelt, sie zerstreut,
Am Wechsel der Gestalten sich erfreut,
Jetzt starr sich hält, dann schwindet wie ein Traum,
Da staunen wir und traun dem Auge kaum;

Nun regt sich kühn des eignen Bildens Kraft,
Die Unbestimmtes zu Bestimmtem schafft;
Da droht ein Leu, dort wogt ein Elefant,
Kameles Hals, zum Drachen umgewandt,
Ein Heer zieht an, doch triumphiert es nicht,
Da es die Macht am steilen Felsen bricht;
Der treuste Wolkenbote selbst zerstiebt,
Eh er die Fern erreicht, wohin man liebt.

Ein poetisch schönes Bild gewährt uns auch

Mahomets Gesang
Seht den Felsenquell,
Freudehell,
Wie ein Sternenblick;
Über Wolken
Nährten seine Jugend
Gute Geister
Zwischen Klippen im Gebüsch.

Jünglingsfrisch
Tanzt er aus der Wolke
Auf die Marmorfelsen nieder,
Jauchzet wieder
Nach dem Himmel.

Beschrieben wird im Bild des Wassers der Lauf des Lebens. Es beginnt an der Quelle, jünglingsfrisch strebt es weiter, um schließlich nach dem Himmel, dem Göttlichen, zurückzukehren. Das Leben ist ein Tanz, alles ist in Bewegung, nur eines gibt es nicht: Stillstand.
Wolken gelten auch als Sinnbild der Liebe. Sie ist ein himmlisches Wunder, lässt uns auf den Wolken schweben. Im Mailied heißt es:
Oh Lieb, oh Liebe
So golden schön
Wie Morgenwolken
auf jenen Höhn!

Und im Gedicht An Lida:
Den einzigen, Lida, welchen du lieben kannst,
Forderst du ganz für dich und mit Recht.
Auch ist er einzig dein.
Denn, seit ich von dir bin,
Scheint mir des schnellsten Lebens
Lärmende Bewegung
Nur ein leichter Flor, durch den ich deine Gestalt
Immerfort wie in Wolken erblicke:
Sie leuchtet mir freundlich und treu,
Wie durch des Nordlichts bewegliche Strahlen
Ewige Sterne schimmern.

An Lili

Im holden Tal, auf schneebedeckten Höhen
War stets dein Bild mir nah:
Ich sahs um mich in lichten Wolken wehen,
Im Herzen war mir’s da.
Empfinde hier, wie mit allmächtgem Triebe
Ein Herz das andre zieht –
Und daß vergebens Liebe
Vor Liebe flieht.

Wolken dienen ebenso als Sinnnbild der Inspiration. Wolken verbinden in himmelgreifender Bewegung Künstler und Muse, sie inspirieren zum Gedankenaustausch. Ohne Wolke bliebe die Inspiration auf halbem Wege stehen und würde den Künstler nicht erreichen. Diese Begegnung findet auf der Wolke statt.

Die Wolke ist auch Sinnbild der Poesie, Dichten ist eine Himmelsgabe.
Bilde, Künstler, rede nicht
Nur ein Hauch sei dein Gedicht!
Die Wolke im Himmel wird zur Lust, sie ist eine Wolke zur Poesie.

Die Wolke symbolisiert aber auch die Sorge, Unruhe und Verstimmung. Sie lässt zugleich die Einsicht wachsen, dass die Sorge nicht gebannt werden kann, weil sie zum menschlichen Dasein gehört. Verschwindet eine, ist die nächste Sorge schon im Anmarsch. Aber im Bild der Wolke kann sie sich schon versöhnlicher zeigen.
Iphigenie auf Tauris
Verzeih! Wie leichte Wolken vor der Sonne,
So zieht mir vor der Seele leichte Sorge
Und Bangigkeit vorüber.

Somit stehen Wolken-Sinnbilder immer für Abstraktes, niemals für Gegenständliches ein. Alles wird ins poetische Bild gesetzt. Positiv agieren hierbei Liebe, Inspiration, Poesie, negativ sind die Werke der Sorge. Als Störenfried wird die Wolke freilich gelegentlich verjagt, dann rücken – im Spätwerk Goethes – Mond, Sonne und Sterne ins Zentrum, die weihevoll besungen werden.

…den leidenschaftlichen Zwiespalt zwischen Classikern und Romantikern endlich versöhnen

Vortrag von Prof. Dr. Anne Bohnenkamp-Renken, Frankfurt/Main, am 4. Oktober 2017

Der Bremer Gelehrte Carl Ludwig Iken sandte 1827 einen Geburtstagsbrief an Goethe mit der Bitte, ihm einiges aus dessen Werken zu erläutern. Goethe, indes, gab keine Erläuterungen, sondern gibt Iken Folgendes zu bedenken:
„Da sich gar manches unserer Erfahrungen nicht rund aussprechen und direct mittheilen läßt, so habe ich seit langem das Mittel gewählt, durch einander gegenüber gestellte und sich gleichsam in einander abspiegelnden Gebilden den geheimeren Sinn dem Anmerkenden zu offenbaren.“
Dies meint Goethe im Hinblick auf seine Farbenlehre. Hier ist der Begriff „entoptisch“ wesentlich. In der Augenheilkunde bedeutet er im Inneren des Auges gelegen. Goethe verwendet diesen Begriff nun als Metapher für eine zwischen Objekt und Subjekt liegende Sphäre, in der Innen- und Außenwelt nicht unterscheidbar sind und auf eine generelle Bedingtheit der menschlichen Erkenntnisfähigkeit verweisen.
„Das Wahre, mit dem Göttlichen identisch, lässt sich niemals von uns erkennen, wir schauen es nur im Abglanz, im Beispiel, Symbol, in einzelnen und verwandten Erscheinungen; wir werden es gewahr als Leben und können dem Wunsch nicht entsagen, es dennoch zu begreifen. Dies gilt von allen Phänomenen der faßlichen Welt.“
So gibt es auch keinen Graben zwischen Natur und Kunst, dafür einen untrennbaren Zusammenhang.
Zumeist schreibt Iken, Goethe antwortet ganz kurz oder gar nicht. Er reagiert dennoch, indem er handelt oder durch Nachrichten, die er weiter reichen lässt. Ikens Brief ist auch weniger eine Würdigung des Jubilars, der Text gibt eher Ikens Gedanken zum „Helena“-Akt im Faust II wieder; den Akt, den Goethe noch selber publiziert hat.
Im Brief heißt es: „Nun aber Helena! Zwischenspiel zu Faust. Ein wahres Geschenk von Ihrer milden lieben Hand! Zum ersten Mal edle Gracität mit hoher Romantik verbunden, beide verschwistert gehen sie Hand in Hand.“
Goethe antwortet: „Ich zweifelte niemals, daß die Leser, für die ich eigentlich schrieb, den Hauptsinn dieser Darstellung sogleich fassen wird.“
Iken gehörte somit dazu. Der Weise erkennt den Sinn, die Masse des Publikums wohl nicht. Nun ist es an der Zeit, den leidenschaftlichen Zwiespalt zwischen Klassikern und Romantikern endlich zu versöhnen.
Damit kommt der Mailänder Literaturstreit ins Spiel, der somit beigelegt werden soll: der Streit zwischen den am griechischen Altertum orientierten „Classikern“ und den ans Mittelalter gebundenen „Romantikern“. Polemisierte Goethe noch 1816 gegen die romantisierenden „Nazarener“, so enthielt er sich später einer Parteinahme, zog sich ab 1827 auf die Position eines Beobachters zurück. Er erkennt: Aus alter Ordnung entsteht Pedanterie, die zerstört werden muss, bis man merkt, dass man wieder Ordnung schaffen muss. Festhalten am Alten ist verwerflich, wenn es dem Neuen im Wege steht. Es ist immer wieder derselbe Konflikt, und so steht es auch um den Gegensatz zwischen Klassik und Romantik. Es kommt auf den künftigen Ausgleich der Gegensätze an. Alles andere wäre einseitig. Die Klassiker müssten ansonsten hinnehmen, dass ihre Götter zu bloßen Phrasen, die Romantiker, dass ihre Werke zu charakterlosen Produkten verkommen. Beide würden sich gewissermaßen im Nichts begegnen. Also wiederum: Es kommt auf einen tätigen Ausgleich an.
Im „Faust“ ist dieser Konflikt angelegt. Der noch in der „romantischen Nebelwelt“ des Mittelalters befangene Faust, und dies ist bereits im Volksbuch angelegt, muss mit Helena zusammentreffen, die von Goethe nunmehr ganz in die Nähe der klassischen griechischen Tragödie gerückt wird.
Im weiteren Vortrag informierte die Referentin über den Stand des künftigen Romantik-Museums in Frankfurt/Main. Dabei spielt das Freie Deutsche Hochstift eine wichtige Rolle. Das „Freie Deutsche Hochstift für Wissenschaften, Künste und allgemeine Bildung“ wurde 1859, am 100. Geburtstag Friedrich Schillers, von etwa fünfzig zumeist Frankfurter Bürgern gegründet. Die politischen Ideale der gescheiterten Revolution von 1848 sollten hier eine ins Geistig-Kulturelle gewendete Heimstatt finden. Initiator war der siebenunddreißigjährige Privatdozent der Geologie Dr. Otto Volger aus Lüneburg, der selbst einst ein aktiver 1848-er gewesen war. Es ist eines der ältesten Kulturinstitute Deutschlands und eine gemeinnützige Forschungsinstitution. Sie wird zu gleichen Teilen gefördert von der Bundesrepublik Deutschland, dem Land Hessen und der Stadt Frankfurt am Main.
Zu ihm gehört als ideeller und anschaulicher Mittelpunkt Goethes Elternhaus am Großen Hirschgraben in Frankfurt am Main.
Anfang des 20. Jahrhunderts begann man, Nachlässe von Romantikern (Clemens Brentano) zu sammeln, da Goethes Nachlass sich in Weimar befand. Die Sammlung wuchs. So keimte die Idee für ein Romantik-Museum, wobei der damalige Leiter des Goethehauses, Ernst Beutler, federführend war. Durch die Ankäufe ist das Goethehaus zu einem Zentralarchiv der Brentano-Romantik-Forschung geworden. Wie das Brentano-Stammhaus wurde auch das Goethehaus im Zweiten Weltkrieg zerstört. Dennoch gab Beutler die Idee eines Romantik-Museums nicht auf, zumal nunmehr viele Manuskripte von Romantikern vorlagen: beispielsweise von den Arnims, Brentano, Chamisso, Eichendorff, Fouque, der Günderrode, den Schlegels, und vor allem von Novalis.
Es ergab sich die einzigartige Chance, als neben dem Goethehaus ein Grundstück frei wurde, da der Börsenverein umgezogen war. Häuser und Grundstücke gehörten der Stadt. Sie fragte bei der Leitung des Goethehauses nach, da nachbarschaftliche Rechte bestanden. So wurde die Idee des Romantik-Museums wieder aufgegriffen. Dabei sieht der nunmehrige ausgewählte, entlang des Hirschgrabens kleinteilig entwickelte Projektentwurf vor, dass das Goethehaus auch Räume für Wechselausstellungen und die museumspädagogische Arbeit erhält. Zugleich bleibt der kleine Garten im hinteren Bereich erhalten.
Weitere Museen in Deutschland, die sich dem romantischen Erbe verpflichtet fühlen, bedienen nur Teilaspekte dieser Epoche. Romantik in Gänze darzustellen, diese Absicht wird man in Frankfurt verfolgen. Das Museum soll im Frühjahr 2020 fertiggestellt sein.

Chorkonzert in Kemenate und Floßfahrt auf der Saale

Herbstausflug am 9. September 2017

Laut Jahresprogramm stand am Sonnabend, dem 9.September 2017, unser  Ausflug an die Saale an. Vereinsmitglieder aus Erfurt und Gera, auch Chormitglieder von „Carmina“ aus Bad Köstritz und Gäste vom Kulmbacher Literaturverein, meldeten ihre Teilnahme und freuten sich auf einen ereignisreichen Tag – das wurde er auch. Wir, Erfurter, kamen per Zug pünktlich in Jena-Göschwitz an, wurden von Herrn Kemter empfangen und stiegen in den Bus, in dem schon die Geraer und Kulmbacher Goethefreunde auf uns warteten. Der Busfahrer startete und fuhr in Richtung Hummelshain. Als wir die erste Hälfte der Strecke erreicht hatten, hielt der Bus an einem Feldweg an, und diejenigen, die gut zu Fuß waren, wanderten zur Jagdanlage Rieseneck –  einer sehenswerten, einzigartigen feudalen Jagdanlage, wie uns die starken Wanderer nach ihrer Rückkehr berichteten. Wir, die andere Hälfte, fuhren weiter zum „Residenzdorf Hummelshain“. Während unserer einstündigen Führung erfuhren wir, das hier 1494 ein kurfürstliches Jagdhaus errichtet wurde. 1668/70 wurde an gleicher Stelle ein schlichter Barockbau – ein Jagdschloss – errichtet. Mit der Neugründung des Herzogtums Sachsen-Altenburg wurde das Jagdschloss hier in Hummelshain zum Mittelpunkt der Jagd-und Sommerresidenz der Herzogsfamilie. Zwischen 1880 – 85 baute Herzog Ernst I. das märchenhaft anmutende Neue Schloss; es ist ein „Baudenkmal von nationaler Bedeutung, weil es baumäßig einzigartig ist“, wie uns der Ortsbegleiter erzählte und wir es erlebten.

Als die Führung beendet war, fuhren per Bus zurück, um unsere wanderfreudigen Freunde wieder aufzunehmen. Dann ging es weiter zur beeindruckenden „Alten Kemenate von 1074 “ in Orlamünde. Auch hier war alles bestens organisiert – ab 11.30 Uhr erlebten wir musikalische Darbietungen durch den Chor „Carmina“, einen Besuch von Andreas Bodenstein, genannt Karlstadt – wir erkannten dennnoch unseren Vorsitzenden Bernd Kemter – und die Geraer Goethefreundin Barbara Dölitzsch, die hier in Orlamünde geboren war. Sie erzählte uns von örtlichen, baulichen Anlagen und geschichtsträchtigen Besonderheiten,  wie der Geschichte von der „Weißen Frau“, der Gräfin Kunigunde von Hohenzollern hier in Orlamünde. Unser aller Beifall zeigte: wir waren überrascht und begeistert von den Darbietungen. Sehr beeindruckt waren auch alle, die sich die Karlstadt-Luther-Ausstellung in der ersten Etage der Kemenate angesehen hatten – – einzigartig!

Für unser leibliches Wohl hatte sich Frau Kemter sehr engagiert – so gab’s für jeden von uns reichlich zu essen und zu trinken, wofür wir ihr alle herzlich danke sagten. Nach 14 Uhr fuhren wir wieder per Bus nach Unterhasel, wo eine Flößerfahrt auf uns wartete:  eine Hälfte von uns fuhr per Floß, die andere Hälfte per Pferdekutsche nach Weißen. Hier gab es beim Zwischenstopp Bratwurst und Getränke. Nach dem Gruppenwechsel die Weiterfahrt nach Uhlstädt. Dort hieß es wieder den Bus besteigen und Weiterfahrt gen Jena Göschwitz zur Heimreise.

Ein sehr ereignisreicher, abwechselungsreicher Ausflug ging zu Ende.Danke sagten alle Goethefreunde dafür Herrn und Frau Kemter!

Renate Dalgas

Schöne Welt, wo bist du? Schillers Gedichte in Schuberts Liedern

Vortrag von Dr. Arnold Pistiak, Potsdam, am 6. September 2017

Haben Schuberts Schillerlieder feste Plätze in Liederabenden und Medien? Doch wohl kaum. Gewiss, Schubert vertonte deutlich weniger Texte von Goethe als von Schiller, aber es waren gerade Gedichte von Schiller, für die sich schon der 14-/15-jährige Schubert begeisterte. Dies hielt an.

Es gibt auch heutzutage keinen Grund, Schuberts Schillerlieder stillschweigend hintanzustellen. Sie sind vielmehr auch in unserer Zeit interessant, und es gibt zahlriche Möglichkeiten, ihre beeindruckende Kraft der Erfidnung und ihre poetisch-musikalische Originalität zu konstatieren, zu erleben und genießend aufzunehmen. Zwei Schillerlieder sind in diesem Sinne ausgewählt: „Dithyrambe“ (1817), „Die Götter Griechenlands“ (1819) und „Der Alpenjäger (vermutlich 1826).

Schillers dreistrophiges Gedicht „Dithyrambe“ erschien 1796 in dem „Almanach auf das Jahr 1797“, hieß dort aber „Der Besuch“; erst später gab der Dichter ihm die endgültige Überschrift.

In dem kurzen balladesken Gedicht wechseln die Sprecher mehrfach. Zunächst erklärt ein selbstbewusster Sprecher einer ihm vertrauten Menschengruppe, dass er fähig sei, die antiken Götter, auf die es ihm ankommt – die Götter des Weines, der Liebe, der Schönheit: Bacchus, Amor, Phöbus – gemeinsam zu beschwören: „Nimmer, das glaubt mir/Erscheinen die Götter allein/Nimmer allein.“ Und tatsächlich: Sie kommen alle, erfahren wir, und sie füllen die „irdische Halle“ mit ihrer Anwesenheit. Die Freude darüber drückt unser Sprecher, ein Dichter übrigens, geradezu jubelnd-ekstatisch in der zweiten Strophe aus und verbindet sie mit einer weitreichenden Bitte: „Leihet mir euer unsterbliches Leben/Götter!“ Und die Götter reagieren. In der folgenden, letzten Strophe sprechen sie zunächst selbst – wenden sich aber nicht direkt an unseren Dichter, sondern an Hebe, ihre Mundschenkin. Dann wechselt der Sprecher erneut – ein Außenstehender, ein kommentierender Beobachter spricht nun das balladeske Schlussurteil:

Reich ihm die Schale!

Schenke dem Dichter,

Hebe, nur ein.

Netz ihm die Augen mit himmlischem Taue

Dass er den Styx, den verhassten, nicht schaue.

Einer der Unser sich dünke zu sein.

Sie rauschet, sie perlet,

Die himmlische Quelle,

Der Busen wird ruhig.

Das Auge wird helle.

Allerdings wendet sich der Widerspruch, der zwischen der Bitte des Dichters um Unsterblichkeit und der Unmöglichkeit ihrer Erfüllung besteht, gegen den Dichter selbst. Der diesen altersweise-heiteren Text schrieb, war natürlich nicht der „Dichter“, sondern Schiller selbst, der Realist, der gelernt hatte, die eigenen, allzu hoch fliegenden Träume kritisch zu sehen oder gar zu verlachen. Der „Styx“ ist eben doch allgegenwärtig. Er muss in bitterem Wissen akzeptiert werden.

„Der Besuch/Dithyrambe“ ist mehrfach vertont worden. Scbubert hat den Text zweimal komponiert. Erst 16-jährig, benutzte er 1813 den Text als Vorlage für den Entwurf eines heroischen Allegro molto in D-Dur für vierstimmigen Chor mit gemischten Stimmen.

Ganz anders ging der reife Künstler Jahre später mit dem Schillertext um. 1826 entstand hierzu ein Lied. In beiden Fassungen verzichtet Schubert völlig auf das Heroische und setzt alles auf den Titel: „Dithyrambe“. Heraus kam ein Schwungvolles; „geschwind, feurig“, eben „dithyrambenhaft“, soll es gespielt und gesungen werden. Dabei gestaltet Schubert diesen Jubel nicht glatt, nicht seicht, sondern setzt hochinteressante, geradezu erregende Akzente.

„Nur wer die Sehnsucht kennt, weiß, was ich leide!“, hatte Goethe gedichtet, bevor August Wilhelm Schlegels Zeitschrift „Athenaum“ erschien und bevor das Motiv der leidvollen unerfüllbaren Sehnsucht zu einem Hauptmotiv der europäischen romantischen Bewegung wurde. Den Gedanken von der prinzipiellen Uneinlösbarkeit weitgespannter Vorstellungen vertrat auch Schiller. Und Schubert wählt etwa ein Dutzend Schillergedichte aus, in denen dieser Gedanke anklingt oder gar explizit ausgesprochen wird: „Elysium“, „Eine Leichenfantasie“, „Gruppe aus dem Tartarus“, „Die Götter Griechenlands“, „Der Pilgrim“, „Thekla“, „Die Bürgschaft“, „Der Taucher“, „Das Mädchen aus der Fremde“, „Hoffnung“. Jeweils handelt es sich um Texte, die man als Weltanschauungsdichtung beziechnen könnte, in denen jedenfalls die Utopie einer Versöhnung von Ideal und Wirklichkeit thematisiert wird. Davon, dass das Ideal verwirklicht werden könnte, findet sich nichts. Aber dennoch geht es um Realität, zeichnet sich hinter der Kunstwelt dann doch die Hoffnung auf eine bessere Wirklichkeit ab. Diese Gedichte bestehen auf dem Recht auf Hoffnung. In anderen Gedichten bezieht sich Schiller viel direkter auf die banale irdische Wirklichkeit; ihr Grundgestus ist der der Klage. Dies betrifft auch „Die Götter Griechenlands“, aus dem Schubert eine Strophe auswählte.Es gab heftige Kritik wegen der unterschwellig angedeuteten Weltsicht, die die Vorstellung eines biblisch verstandenen personalen Gottes ablöste durch den Glauben, dass Gott und Natur eins seien. Die Nähe zu Spinoza ist offensichtlich. So konnte auch Schuberts Lied erst nach dessem Tod veröffentlicht werden. Denn dass Schubert dieses Gedicht aufgriff, stellt angesichts der katholischen österreichischen Verhältnisse – vor allem wegen der soeben verabschiedeten Karlsbader Beschlüsse – einen politischen Affront ersten Grades dar.

Schubert konzentriert sich auf einen, ihn bewegenden Gedanken, den er in der 12. Strophe fand:

„Schöne Welt, wo bist du? Kehre wieder

Holdes Blütenalter der Natur!

Ach, nur in dem Feenland der Lieder

Lebt noch deine fabelhafte Spur.

Ausgestorben trauert das Gefilde,

Keine Gottheit zeigt sich meinem Blick,

Ach, von jenem lebenswarmen Bilde

Blieb der Schatten nur zurück.

Auch in dieser Strophe nimmt Schiller eine Klagehaltung ein. Schubert verwandelt die streng alternierenden fünfhebigen Verse Schillers in eine zarte, trauernde, schwebende Melodie in langsamem Dreivierteltakt, bei der die Schillerschen Versgrenzen respektiert werden, die Binnenrhythmisierung der Verse jedoch aufgehoben ist. Die ganze Komposition wird beherrscht von einem spezifisch musikalischen Klagegestus – von der eingangs artikulierten sehnsuchtsvollen Klage bis zu dem Schluss mit seiner kaum noch hörbaren Wiederholung der Frage „Wo bist du?“

Es dominiert die Trauer, als könne wiederkehren, was doch niemals gewesen ist, ein „holdes Blütenalter der Natur“, eine schöne, heile Welt; und es mündet in eine Klage, der zugleich die Distanz gegenüber der christlich-modernen Welt eingeschrieben ist. Dies löst eine tiefe Betroffenheit aus, eine Nachdenklichkeit, die vor dem kritischen Blick auf unser Heute nicht zurückschreckt.

Blicken wir nun auf das Lied „Der Alpenjäger“; ein Lied, dessen Gegenstand die Beziehung zwischen Mensch und -Natur ist. Im Zusammenhang mit der Arbeit an „Wilhelm Tell“ entstanden, wurde das Gedicht 1804 in zwei geringfügig voneinander abweichenden Fassungen veröffentlicht. Wieder haben wir einen balladesken Text vor uns, in drei kurzen dramatischen Szenen.

Die erste besteht in einem Dialog zwischen Mutter und Sohn. Dreimal schlägt die Mutter ihrem „Knaben“ vor, ein traditionell friedliches Leben zu führen. Ihre Stichworte sind: Lämmlein,fromm, sanft, Blüten, Gras, Bach, Kuhglocken, Wald, Blümlein, Beet, Garten. Vergeblich. Dreimal bestürmt sie der „Knabe“, sie gehen zu lassen. Er will auf den „wilden Bergeshöhen“ schweifen und jagen. Die zweite Szene wird von einem Erzähler bestimmt: „rastlos“ sei der Knabe, erfüllt von „blindem Wagen“ halte er sich „am finstern Ort“ auf und vor allem: Mit seinem Todesbogen will er „verwogen“ (verwegen) die Gazelle jagen! Es geht hierbei nicht um eine Jagdgeschichte. Es geht um den Umgang des Menchen mit der Natur. Die Gazelle, die in schöner Übereinstimmung mit der Natur lebt, wird vorgeführt als das unschuldige Opfer des sinnlosen Wütens des Menschen – des „Feindes“. Denn nur Jagdlust treibt den „Knaben“, nur die Gier der Macht und des Tötens. Das Tier ist dem „Knaben“ ebenso gleichgültig wie zuvor Lämmlein, Bach und Wald. Dass die Gazelle in höchster Not ihn anfleht, rührt ihn nicht. Er ist der wahre Alpenjäger! Er ist der Herrscher.Soweit der Realist Schiller. Dies führt weiter zur Feststellung: „Und es herrscht der Erde Gott, das Geld“.

Nun aber meldet sich der Moralist. Im knappen Finale des Gedichts, in der dritten Szene also, lässt Schiller den „Berges-Alten“ auftreten, die Gazelle schützen und die Ansprüche des „Knaben“ zurückweisen. Es erscheint die großartige Sentenz „Raum für alle hat die Erde“, die plötzlich das Gedicht mit einer unverändert gütigen, humanistischen, weltgeschichtlich und phiosophisch bedeutungsvollen Idee auflädt.

Der Gang der Ballade drängt nach einer Lösung, die zunächst offen bleibt. Schiller hätte den „Knaben“ abstürzen oder eine Bekehrungsgeschichte inszenieren können. Schiller gibt seinen finsteren Realismus nicht auf. Die Gazelle wird gerettet, was aber wird mit dem „Knaben“, wie wird er künftig handeln? Dies bleibt offen.

Der „Berges-Alte“ lässt sich übrigens Zeit. Die Gazelle zu retten, tritt er erst im allerletzten Moment auf. Ahnte Schiller etwas von unseren globalen Problemen? Wusste er, dass die „geduldige Natur“ erst provoziert werden muss, ehe sie sich äußert – und rächt?

Schubert komponierte das Lied „Der Alpenjäger“ 1817, 20-jährig. Der Komponist folgt dem Versbau. Es wechseln höherstufiges Dur und Moll, jegliche Ruhepunkte werden weitestgehend vermieden. Einmal weicht der Komponist von Schillers Bauplan ab. Denn während Schiller sein Formschema – die Strophenstruktur – unangetastet lässt, unterbricht Schubert das „zweite Strophenlied“ radikal durch eine Generalpause., und zwar gerade in dem Augenblick, da die Strophe die Tonart Ges-Dur erreicht und beim „Todesbogen“-Part zu einem Fortissimo explodiert. Ohne auch nur die Andeutung einer Modulation vorzunehmen, rückt Schubert die Tonart nach der Pause von Ges auf G; dies ist ein innovativer, gar ungeheurer, bis dato nie erlebter Vorgang. Selbst Beethoven hätte einen solchen kühnen Sprung nicht vermocht.

Der Schiller-Schubertsche „Alpenjäger“ ist ein Lied, dessen verblüffende Moderinität und Aktualität daraus resultieren, dass es quer zur Forderung der Genesis an den Menschen, über die Tierwelt „zu herrschen“ steht und in der Tradition der Zivilisationskritik Rousseaus sich bewegt.

„Nichts charakterisiert Schillers Gedichte so sehr wie die Einheit von Philosophie und Poesie, von Reflexion und Einbildungskraft, von seelischer Empfänglichkeit und energischer Gestaltung sowie der Versuch, im Individuellen das Allgemeine, im einzelnen Menschen das Gattungswesen zur Erscheinung zu bringen“, meint der Germanist und Philosoph Ernst Osterkamp. Dies lässt sich auch auf Schubert beziehen. So mag man diese durchaus nicht „romantischen“ Lieder des europäischen Romantizismus genießen. Häufig genug sind in ihnen ein Reichtum an Gedanken zu finden, ein berührendes modernes Weltverständnis, beeindruckende originelle Erfindungen, sehr Persönliches, sehr Kluges, sehr Artifiziell-Souveränes; glückliche, kühne Modernität und frappierende Aktualität; freier Umgang mit angeblich ewig gültigen, Akzeptanz heischenden Normen und immer wieder: Bekenntnisse zur Kunst und zum Leben – Bekenntnisse, die ungeachtet so vieler modischer theoretischer Konstruktionen auch weiterhin existieren und die womöglich heute wichtiger, ja notwendiger sind als vor zweihundert Jahren.

Sommertagung in Schillers Garten

Zwei Tage vor Goethes Geburtstag, am 26. August 2017,  führten wir unsere Sommertagung im Garten von Schillers Gartenhaus in Jena durch. Wir waren sehr glücklich über die Erlaubnis der Museumsleitung. Ihr gebührt unser nochmaliger Dank!

Tags zuvor hatten wir unser großes Festzelt errichtet, das uns während des vormittäglichen Regenschauers am Sonnabend vortreffliche Dienste leistete. Herr Schlotter führte die Erfurter und Geraer Goethefreunde in zwei Gruppen durch das Haus.

Benita Rockstroh, Iris Kunert und Bernd Kemter lasen aus Schillers „Wallenstein“, entstand doch dieses Werk vornehmlich an diesem Ort. Es schloss sich ein Vortrag zu diesem Drama an. Renate Kette, Frau Müller und Dieter Schumann erfreuten mit musikalischen Beiträgen. Mittagessen und Kaffeetrinken gab es im Theatercafe. Sodann begrüßten wir eine „alte“ Bekannte, die Berliner Schauspielerin Cora Chilcott. Sie begeisterte uns mit Rezitationen und a-capella-Gesang „Erlkönigs Töchter“, mit Balladen von Goethe, Schiller, Herder, Bürger.

Ein gemütliches Beisammensein der ca. 40 Teilnehmer schloss sich an.

Stützerbach, Langewiesen, „Volle Rose“

Tagesausflug am 17. Juni 2017

Unsere zweite Fahrt in die Ilmenauer Region führte uns zunächst ins Goethehaus Stützerbach. In diesem Museum informierten wir uns über die Aufenthalte Goethes zwischen 1776 und 1779. Insgesamt verbrachte er 15 Tage an diesem Ort, mehrere Übernachtungen sind bezeugt. Es handelt sich um das Wohnhaus des Glashüttenbesitzeres Gundelach, bei dem Goethe und der Herzog Carl August Unterkunft fanden. Gern verweilten wir im „Goethezimmer“ mit Goethes Bildnisbüste, geschaffen von keinem Gerinegeren als dem Bildhauer Christian Daniel Rauch. Es handelt sich allerdings nicht um das Original, sondern um einen Gipsabguss. Das Interieur vermittelt einen schönen Eindruck von der Wohnkultur um 1800.

Wahre Schelmenstreiche sind überliefert. So ließen Goethe und der Herzog Weinfässer des Hausherrn den Hang hinabrollen. Eitel, wie er war, ließ Gundelach ein Porträt von sich malen. Goethe schnitt dessen Kopf heraus und steckte den seinigen hindurch. Er und der Herzog hatten ihren Spaß daran, Gundelach weniger. Einmal waren sie in der Gegend unterwegs und fragten in einem Bauernhaus, ob sie ein Glas Milch bekommen könnten. Die Bäuerin wusste nicht, wen sie vor sich hatte, und forderte sie auf, ihr beim Buttermachen zu helfen. Der Herzog in höchsteigener Person schlug die Butter. Währenddem entdeckte Goethe einen räudigen Kater. Nicht faul, warf er das Tier in das Butterfass. Tage später erschienen die Beiden wieder und legten reumütig ein Geständnis ab. Sie bedauerten den Kater und die verdorbene Butter. Die Bäuerin lachte nur und gab niederschmetternde Auskunft. „Ach, de Botter, die hach off Weimer getrohn, bei Hofe, die frassen alles!“

Das 2015 neu gestaltete Museum zeigt auch Exponate der traditionellen Papier- und Glasherstellung jener Zeit. Goethe zeigte sich – nicht zuletzt im Hinblick auf seine Farbenlehre – fasziniert. Er untersuchte Farbphänomene, wie sie beispielsweise bei einfallendem Licht durch schnell abgekühlte Glastropfen entstehen. Aus Stützerbach bezog Goethe auch veschiedene Papiere.

Viele Zeichnungen Goethes sind in und um Stützerbach entstanden. Manche widmete er Charlotte von Stein. In dieser Gegend arbeitete er an der Prosafassung des Schauspiels „Iphigenie auf Tauris“ und hing ersten Ideen für „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ nach. Natürlich sind literaturinteressierte Einheimische stolz darauf, dass in ihrer Heimat einige Goethe-Gedichte entstanden, so „Ilmenau“, „Dem Schicksal“ und „Einschränkung“.

An sich führten dienstliche Verpflichtungen die hohen Gäste in die Ilmenauer Gegend. Goethe begleitete den Herzog bei amtlichen Inspektionen und auf der Jagd. Trotz aller Späße und ausgelassenen Tanzvergnügungen mit hiesigen „Miseln“ (Mädchen) blieben Goethe die dürftigen, ja armseligen Lebensbedingungen der Menschen nicht verborgen. Er äußerte sein Mitgefühl und bedauerte seine geringen Einflussmöglichkeiten, die Lage der Menschen im Thüringer Wald verbessern zu können.

Unsere zweite Station war das Heinse-Museum in Langewiesen. Der heute weitgehend vergessene Dichter wurde in diesem Ort 1746 als Sohn des Organisten, Stadtschreibers und späteren Bürgermeisters geboren. Er erwies sich frühzeitig als großes Talent in den Naturwissenschaften, in sprachlicher und musikalischer Hinsicht. Er lernte Christoph Martin Wieland kennen, über ihn befreundete er sich mit Ludwig Wilhelm Gleim in Halberstadt, der sein Mäzen und väterlicher Freund wurde. Heise gründete mit Freunden den „Halberstädter Dichterkreis“. 1774 erschien sein erster Roman „Laidion oder die „Eleusinischen Geheimnisse“. Im gleichen Jahr wurde er bei den Brüdern Jacobi in Düsseldorf Redakteur der Frauenzeitschroft „Iris“. Ebenfalls im gleichen Jahr kam es bei Wuppertal zu einer Begegnung mit Goethe. Der spendete dem „Laidion“ höchstes Lob: „Es ist so vieles darin, das nicht anders ist, als ob ich’s selbst geschrieben hätte!“

In dieser Zeit verfasste Heinse seine „Düsseldorfer Gemäldebriefe“, die Wieland in seiner Zeitschrift „Teutscher Merkur“ veröffentlichte.

1780 trat Heinse seine dreijährige Italienreise an. Hier entstand sein wohl berühmtester Roman „Ardinghello und die glückseligen Inseln“.

Nach seiner Rückkehr bekleidete Heinse das Amt des Vorlesers und Bibliothekars des Kurfürsten Friedrich Karl Joseph von Erthal in Mainz. Hier lernte er den Mediziner und Naturforscher Samuel Thomas Sömmering, den Universitätsabibliothekar, Weltreisenden und Jakobiner Gorg Forster sowie den Schweizer Historiker und Kanzler von Kurmainz, Johannes Müller, kennen. In Mainz schrieb Heinse seinen Musikroman „Hildegard von Hohenthal“. 1803 entstand sein letzter Roman „Anastasia und das Schachspiel“. Heinse starb 1803 in Aschaffenburg. Wie groß man ihn seinerzeit schätzte, wird schon an der Tatsache deutlich, dass ihm der bayrische König Ludwig I. einen Ehrenplatz – eine Büste – in der Walhalla zu Regensburg einräumte.

Den Museenbesuchen schloss sich eine Fahrt ins Schaubergwerk „Volle Rose“ sowie eine Fahrt in der Feldbahn durch idyllische Schortental an. Ein gemütliches Beisammensein in der Ausflugsgaststätte „Riechheimer Berg“ beschloss den ereignisreichen Tag.