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Lesung „Schwarzes Eis“

erstellt am: 04.08.2014 | von: beke | Kategorie(n): Rückblick

Lesung von Sergej Lochthofen, Erfurt, am 28. August 2014

Zu Goethes Geburtstag hatten wir uns einen prominenten Gast eingeladen: Sergej Lochthofen, ehemaliger Chefredakteur der „Thüringer Allgemeinen“, Autor von „Schwarzes Eis“.

In diesem Roman beschreibt Lochthofen die Verbannung seines Vaters ins Straflager Workuta, in dem er schwere Jahre bei zahlreichen Entbehrungen verbringen musste. Sergej Lochthofen hat dort seine Kindheit verbracht.

Zwischen Gulag und Mauer, ein Leben im Schatten der „Großen Utopie“, so lautet der Leitgedanke des Romans (eine Genrezuordnung, die S. Lochthofen nicht so sieht und dennoch zutrifft).

Im Klappentext heißt es: Es ist 1937, das Jahr des Großen Terrors. In den Morgenstunden des 22. Oktober schlägt es an die Tür einer Wohnung in Engels, einer Stadt an der Wolga. Sie sind gekommen, ihn zu holen. Ihn, Lorenz Lochthofen, den Emigranten aus Dortmund. Anfang der dreißiger Jahre ist er in die Sowjetunion gegangen; er träumt von einer besseren Welt. Jetzt wird er unschuldig verurteilt und nach Workuta geschickt, jener Insel des Archipels Gulag hinter dem Polarkreis, die zum Grab für 250 000 Häftlinge wird. Nach 20 Jahren Lager und Verbannung kehrt er nach Deutschland zurück und ist überzeugt, dass er in der DDR gebraucht wird. Gibt es für ihn eine zweite Chance?

Der Sohn erzählt die Geschichte des Vaters: ein außergewöhnliches Buch über das 20. Jahrhundert, über Deutschland und Russland und über die ebenso stimulierende wie zerstörerische Kraft einer Utopie, die weltweit Millionen in ihren Bann schlug.

Lochthofen verstand es, die Zuhörer zu fesseln. Er rezitierte eloquent nicht nur Passagen aus seinem Buch, sondern wusste seine Lesung auf originelle Weise zu ergänzen. So weckte das mitgebrachte alte Grammophon die Neugier des Publikums. Alte Schlager waren zu hören, vor allem aus der Sowjetzeit. Sie verbanden auf eigentümliche Weise die heile Welt des Draußen mit dem stets bedrohten Leben im Gulag. Auch auf aktuelle Ereignisse ging Lochthofen ein, insbesondere auf den Russland-Ukraine-Konflikt. Dabei stießen seine Einschätzungen nicht immer auf Zustimmung. Das Publikum stellte zahlreiche Fragen an den Referenten und nutzte ausgiebig die Gelegenheit, Bücher signieren zu lassen.

Die Geraer Goethefreunde freuten sich über einen brechend vollen Saal, der eine glückliche Referentenwahl eindrucksvoll unter Beweis stellte.

B. Kemter

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