Mein Leipzig lob‘ ich mir
„Mein Leipzig lob‘ ich mir! Es ist ein Klein-Paris und bildet seine Leute!“ Das meinte der Student Goethe. Aber weder der spätere Herr Geheimrat noch ich reichlich 200 Jahre später während meines Leipziger Studiums ahnten, dass die Messe-, Bach- und Goethe-Stadt sich heute durchaus auch mit Venedig messen kann. Bei unserem Ausflug am 13. Juni 2015 mit Erfurter und Geraer Goethefeunden nach Leipzig konnten wir jedoch sowohl optisch als auch körperlich wahrnehmen, dass Wasserstraßen für Leizig an Bedeutung gewinnen. Bei einer Bootstour über die Pleiße und verschiedene Kanäle lernten wir Leipzig vom Wasser aus kennen. Wobei sich selbst Goethes wenig bekannter Zusatz in dem bekannten Spruch als wahr erwies: Leipzig bildet seine Leute und Gäste. Denn unser „Kapitän“ fütterte uns nicht nur mit Kaffee und anderen Getränken, sondern auch mit viel Wissenswertem über die Leipziger Wasserwelt. Sie erstreckt sich mit dem Stadthafen bis ins Zemtrum der Metropole und soll noch so ausgebaut werden, dass sich bequem per Motor- oder Paddelboot das Neu-Seenland erreichen lässt.
Wasser von oben bekamen wir zum Glück nur wenig ab, dann ging’s schon wieder per Bus in die Innenstadt bis zum Gewandhaus und von da per pedes zum berühmten Auerbachs Keller. Frisch gestärkt beim Mittagsmahl konnten wir uns hernach ohne Magenknurren der Kultur hingeben. Eine nette und sachkundige Mitarbeiterin erzählte uns Wissenswertes über die Entstehung des historischen Lokals und führte uns durch jene Räume, in denen nur zu besonderen Anlässen oder für hochrangige Gäste aufgetafelt wird. So lernten wir das Alt-Leipzig-Zimmer mit seinen Gemälden kennen, aber natürlich interessierten wir uns als Goethe-Freunde am meisten für den gotisch gewölbten „Goethe-Keller“ und den in Goethes „Faust“ erwähnten „Fass-Keller“. Letzteren ziert ein
aus einem einzigen Baumstamm geschnitzter beeindruckender Hexenritt und ein historisches Weinfass, auf dem der Sage nach der Magier Johann Faust aus dem Keller geritten sein soll.
Wir ritten nicht auf einem Fass heimwärts, sondern nutzten unseren Bus, zumal alsbald nicht Wein in unsre Münder, sondern Wasser aus himmlischen Gefilden auf unsere Häupter herab plätscherte. Dennoch gelang uns der geplante Abstecher zur Gustav-Adolf-Gedenkstätte Lützen südwestlich von Leipzig. Der Schwedenkönig war hier in einer Schlacht im November 1632 getötet worden. Über 200 Jahre erinnerte nur ein großer Findling an seinen Todesort. Dann überkrönte man den Stein mit einem von Schinkel entworfenen Baldachin, 1906/1907 wurde die Gustav-Adolf-Gedächtniskapelle gebaut, später die Gedenkstätte mit zwei Holzhäusern komplettiert. In einem befindet sich ein kleines Museum, das wir ebenfalls besichtitgen. Warum? Weil wir als Goethe-Freunde immer auch ein wenig über den Tellerrand schauen wollen und uns wie der Minister und Dichter für viele Dinge, Menschen und Ereignisse interessieren.
Angelika Kemter