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Ausflug in die Schweiz 2012

erstellt am: 28.06.2012 | von: beke | Kategorie(n): Rückblick

Von Erika Seidenbecher

Am 28. Juni war es endlich soweit! – Unsere Schweiz-Reise, schon zum zweiten Mal geplant, konnte endlich beginnen. Zwölf Goethefreunde trafen sich 7.15 Uhr am Geraer Busbahnhof, um mit dem Kleinbus der Hermsdorfer Firma Schröder die Fahrt anzutreten. Aus technisch-organisatorisch Gründen übernahm unser Fahrer Jens den Bus erst in Rudolphstein. Die Fahrt über München nach Kocheln in Oberbayern, unserem ersten Ziel, verlief problemlos. Bernd Kemter und Renate lasen während der Fahrt Interessantes und Wissenswertes über Goethe vor. Goethe war drei Mal in der Schweiz und zwar 1775, 1779 und 1797. Auf der ersten Reise, mit den Grafen zu Stolberg, machte er nur einige fragmentarische Notizen. Von der zweiten Reise, die er mit dem Herzog Carl August unternahm, sind ausführlichere Aufzeichnungen vorhanden. Die Briefe an Charlotte von Stein dienten Goethe später, auf Anregung Schillers dazu, Beiträge für die Zeitschrift „Die Horen“ auszuarbeiten.

Die Aufzeichnungen, Theaterzettel, Briefe und kleinen Abhandlungen der dritten Reise sind die umfangreichsten, aber auch die nüchternsten.

Gegen 14.00 Uhr waren wir in Kocheln am Walschensee. Hier war eine Führung im Franz-Marc-Museum angemeldet. In diesem privaten Museum, 1986 gegründet und 2008 erweitert, sind die Arbeiten des Künstlerkreises „Blaue Reiter“ ausgestellt und das Werk von Franz Marc in neue Zusammenhänge eingereiht. Das Schaffen dieses Münchner Malers wird hier dem Werk seiner Zeitgenossen, wie den „Brücke“-Künstlern“ gegenübergestellt. Wir können im Museum Franz Marc’s erste akademische Werke, aber auch Bilder seiner Frankreich-Reise, Naturbetrachtungen und Versuche des Künstler mit dem Impressionismus bewundern. Franz Mark und seine Künstlerkollegen lebten in einer Epoche des gesellschaftlichen und künstlerischen Umbruchs. In dieser Auseinandersetzung wandte sich Franz Marc vor allem der Naturbetrachtung zu (Hocken im Schnee, Mädchen mit der Katze u.a.).

Gegen 16.00 Uhr ging unsere Fahrt weiter. Die Fahrt ab Kocheln über Landstraßen und war für unseren Fahrer bestimmt nicht einfach. Die Gegend am Ufer des Bodensees mit ihren Obst- und Weinplantagen ist sehr reizvoll. Über Lindau, Friedrichshafen, Singen ging die Fahrt bis nach dem Schweizer Ort Neuhausen am Rheinfall. Gegen 20.30 Uhr kamen wir im Hotel „Rheinfall“ an. Hier war unsere erste Übernachtung gebucht. Da es im Hotel kein Abendessen gab, suchten wir uns eine hübsche Gaststätte und fanden sie auch. Es war ein warmer, schöner Abend, und so freuten wir uns, dass wir alle in dem kleinen Garten der Gastwirtschaft Platz fanden. Wir wurden gut und zügig bedient. Nur unsere kleine Chinesin war nicht unter uns. Sie hatte in dem Hotel ein Billardspiel entdeckt, und außerdem wollte sie unbedingt das Fußballspiel Deutschland-Italien anschauen.

Als wir gesättigt und zufrieden unserem Hotel zusteuerten, erlebten wir eine Überraschung. Eben war das Fußballspiel zu Ende gegangen und Italien hatte 2:1 gewonnen. Da begann ein ohrenbetäubender Lärm. Die Schweizer Fußballfans, die Italienanhänger waren, fuhren hupend und Fahne schwenkend durch den Ort. Ein großer Teil der Einwohner des Städtchens brach in einen frenetischen Jubel aus. In dieser Nacht konnten wir deshalb nur bei geschlossenen Fenstern schlafen.

Am nächsten Morgen wanderten wir zu dem nahe gelegenen Rheinfall. Wer hat nicht schon etwas vom Rheinfall von Schaffhausen gehört. Auch für uns war das ein Begriff. – Aber man muss ihn erlebt haben, um zu begreifen, welches grandioses Naturschauspiel sich dem Betrachter bietet.

Brausend schleudert der Rhein seit 15 00 Jahren 600 000 Liter pro Sekunde in die felsige Schlucht. Tosend stürzt das Wasser 13 Meter in die Tiefe. Springbrunnenartig wird es wieder nach oben geschleudert. Dabei entstehen ganze Wolken versprühenden Wassers, die nebelartig über dem Gewässer schweben und die Besucher, die sich per Boot nahe an den Rheinfall wagen, mit einem nassen Schleier benetzen.

Es war schon Mittag, als wir wieder weiter fuhren. Unser nächstes Ziel war Zürich. Auf dieser Fahrt bekam Siman Meng, die chinesische Gastschülerin, Gelegenheit, von sich, vom Schüleraustausch und von ihrer chinesischen Heimat zu erzählen. Natürlich hatten unsere Reiseteilnehmer auch viele Fragen, und unsere intelligente chinesische Teilnehmerin beherrschte erstaunlich gut die deutsche Sprache, erfasste unsere Fragen schnell und war sprachlich in der Lage, unsere Neugier zu stillen.

In Zürich angekommen, spazierten wir durch die Straßen, suchten uns ein hübsches Straßenrestaurant, aßen eine Kleinigkeit und begaben uns dann zur Kirche St. Peter, dem ersten protestantischen Sakralbau Zürichs nach der Reformation, um uns mit der Museumsführerin , die uns mit dem Lavaterhaus bekannt machen wollte, zu treffen. Lavater, der Goethefreund war in St. Peter seit 1786 Pfarrer und Mitglied des Konsistoriums. Wir besichtigten die Räumlichkeiten im 3. Stock des Lavaterhauses und betrachteten Bilder, Bücher, Autographen und Gegenstände, die an Lavaters Leben und Wirken erinnern. Lavater, eine bedeutende Persönlichkeit des 18. Jahrhunderts, sah in der Physiognomie eines Menschen die Einheit von Leib und Seele. Er entwickelte die Lehre der Physiognomie, nach der sich der Charakter eines Menschen in seinen Gesichtszügen widerspiegelt.

Lavater und Goethe lernten sich bei einer Lahn-Rhein-Reise kennen und schätzen. Ihr Freundschaftsbund währte bis 1779. Goethe lieferte Lavater, der das Buch „Aussichten in die Ewigkeit“ schrieb, Schattenrisse und Kopien antiker Skulpturen, u.a. von Raffael und Rembrandt. Die Glaubensgespräche zwischen Goethe und Lavater zeigen die großen Unterschiede, die im Denken des Dichters und des Pfarrers bestanden. Goethe erkennt die Natur als beseelt, fühlt sich aber trotzdem vom Mysterium des Göttlichen durchdrungen. Religion erscheint ihm nur dann relevant, wenn sie das Humane fördert. Er verehrte im Sinne Spinozas Gott in der Schöpfung. Lavater sieht die Erlösung der Menschheit durch das Kreuz Für Goethe wird der Mensch durch sein tägliches Bemühen um Humanität erlöst. Als Lavater sich bemühte, Goethe zu bekehren, kam es zum Bruch der Freundschaft.

Nach der Besichtigung des Lavaterhauses gehen wir zur Kirche Fraumünster, einer Kirche mit Nonnenkloster, das 853 von König Ludwig dem Deutschen gestiftet worden war. Die Kirche besitzt die größte Orgel im Kanton, mit 5793 Pfeifen.

Uns interessierten aber vor allem die Farbfenster im Querschiff. Sehenswert ist der 1945 von Augusto Giacometti geschaffene fünfteilige Fensterzyklus im Chor und auch die von Marc Chagall gestaltete Rosette im südlichen Querschiff.

 

Nach dieser Besichtigung laufen wir zum Zürichsee, denn 16.00 Uhr fährt unser Schiff. Eineinhalb Stunden fahren wir auf dem wunderschönen Schweizer See und genießen die herrliche Berglandschaft. Anschließend fahren wir mit unseren Bus nach Horgen am Zürichsee, wo im Hotel Meierhof unsere zweite Übernachtung gebucht ist.

Gemeinsam nehmen wir die Abendmahlzeit im Straßenrestaurant ein. Da der Juniabend so lau und schön ist, genießen wir ihn noch bei einem kleinen Abendspaziergang und anschließend bei einem Gläschen Wein auf der Terrasse des Hotels.

 

Am Sonnabend, dem 30. Juni, fuhren wir gleich nach dem Frühstück nach Luzern, der Stadt am Vierwaldstätter See. An diesem Tag begann in der Stadt das Luzernfest. Wir aber wollen vor allem das Wahrzeichen der Stadt, die 1365 als Wehrgang erbaute und überdachte Kapellbrücke sehen. Sie verbindet die durch den Fluss Reuss voneinander getrennten Stadtteile der Alt- und der Neustadt. Ursprünglich war die Brücke 300 Meter lang, aber 1835 brach ein Stück von ihr ab. Diese Holzbrücke ist in ganz Europa einmalig, nicht nur durch ihre Länge, sondern auch durch die dreieckigen Bilder im Giebel, die die Schweizer Geschichte darstellen.

Gleich nach der Besichtigung der Brücke ging es weiter mit dem Bus nach Brunnen. Von hier aus fuhren wir mit dem Schiff zum Rütli. Von der Schiffsanlegestelle Rütli aus, mussten wir noch einige Meter bergauf wandern. Vera und Renate hatten sich gut vorbereitet. Sie baten uns, uns auf der Rütliwiese zu versammeln und ließen uns den Rütlischwur aus Schillers „Wilhelm Tell“ schwören. Mit erhobener Schwurhand sprachen wir den Schwur nach.

Anschließend speisten wir im Restaurant an der Bootsanlegestelle, um dann weiter zur Tellplatte zu fahren. Eine wunderschöne Holzskulptur erinnert dort an Tell und seinen Sohn, den Nationalheld der Schweiz, der auf Befehl des Landvogtes Geßler gezwungen wurde, mit Pfeil und Bogen einen Apfel vom Kopf seines Sohnes zu schießen. Der Rütlischwur und die Tellsage erinnern an die Geschichte des eidgenossenschaftlichen Bündnisses. Nach der Verfassung von 1875 liegt die Gesetzgebung beim Volk und dem von ihm gewählten Großen Rat.

Unterhalb der Tellplatte befindet sich ein Glockenspiel, das stündlich ertönt. Wir haben Glück. Es ist 16.00 Uhr und wir können den Tönen dieses Glockenspiels lauschen.

Da wir bis zur Abfahrt unseres Schiffes noch Zeit haben, können wir im Restaurant an der Schiffshaltestelle in Ruhe und Gelassenheit etwas verzehren und auf unser Schiff warten, das uns nach Brunnen zurückbringt. Auf dieser Schiffsfahrt genießen wir den Anblick der teilweise schneebedeckten Berge.

Von Brunnen aus geht es ohne Aufenthalt nach Belp bei Bern. Im Flughafenrestaurant ist unsere Unterkunft gebucht. Wir können dort gemütlich Abendbrot essen.Danach haben wir Lust darauf, etwas spazieren zu gehen . Gemeinsam wandern wir zwölf Schweizreisenden in die herrliche Natur in der Umgebung von Belp. Fledermäuse umschwirren uns. An den dortigen Gewässern gibt es, einer Hinweistafel zufolge, die am Wegessrand aufgestellt wurde, den Eisvogel und den Feuersalamander. Anschließend sitzen wir noch bei einem Gläschen Wein fast bis Mitternacht im Restaurant, schwatzen, genießen den schönen Abend und warten darauf, dass der Flugverkehr eingestellt wird, denn beim Landen der Flugzeuge wäre an Schlaf gar nicht zu denken.

Der 1. Juli ist unser letzter Reisetag, und wir haben an diesem Vormittag eine Führung in der Schweizer Hauptstadt Bern vorgesehen. Es regnet, aber in Bern gibt es Arkaden, die insgesamt sechs Kilometer lang sind, und so kann man auch ohne Regenschirm und Regenbekleidung problemlos durch die Stadt spazieren. Am Hauptbahnhof ist unsere Führerin ist schnell gefunden. Sie will uns die Altstadt zeigen.

Der Sage nach wurde Bern nach dem Bären benannt, den der Stadtgründer Berchold V. von Zähringen auf dem Hausberg 1191 erlegte. Der Bär ist deshalb auch im Stadtwappen. Mitten durch die Altstadt fließt der teilweise verrohrte Stadtbach und um Bern schlängelt sich die Aare. Über 100 Brunnen speisen seit dem Mittelalter die Stadt mit Trinkwasser. Deshalb nennt man Bern auch die Brunnenstadt.

Der Zeitglockenturm bildet das erste Stadttor. Als die Stadt später weiter ausgebaut wurde, folgte der Käfigturm. 1405, nach dem Brand der Stadt, baute man die schon erwähnten Laubengänge. Dadurch besitzt Bern die größte gedeckte Einkaufsstraße Europas.

Seit 1848 ist Bern die Hauptstadt der Schweiz. Damals baute man im Stil der florentinischen Renaissance das Bundeshaus.

Weil in Bern der größte Teil des mittelalterlichen Stadtbildes noch erhalten ist, wurde die Stadt in das Verzeichnis des UNESCO-Welterbes aufgenommen.

Wir laufen die Marktgasse entlang, bewundern die Arkaden, schöne alte Häuser im Schweizer Stil, lauschige Gassen und wunderschöne Brunnen. Der im 15. Jahrhundert errichtete Zeitglockenturm, das Wahrzeichen der Stadt, hat ein Uhrwerk, das als Meisterleistung der Uhrmacher der Schweiz gilt. Das Uhrwerk gibt nicht nur die Zeit genau an, sondern ermöglicht es auch stündlich ein Figurenspiel zu bewundern. Bei der Heiligengeist- Kirche biegen wir in die Spitalgasse ein. Wir sehen den Käfigturm, der, 1256 erbaut, bis 1897 als Gefängnis diente. Wir hören, dass im Historische Museum die Schweizer Geschichte von der Steinzeit über das Mittelalter bis zur Neuzeit dargestellt wird und sehen das Haus, in dem Einstein mit Frau und Kind wohnte. Imposant ist das Berner Münster, das den höchsten Kirchturm der Schweiz besitzt. Die Grundsteinlegung erfolgte 1421. Dieser spätgotische Bau konnte damals infolge der Reformation und der Zeit des Bildersturmes nicht vollendet werden. Der Turm wurde erst 1893 vollendet. Wunderschön ist das Portal mit seinen 234 farbigen Skulpturen zum Jüngsten Gericht.

In der Kramgasse befindet sich das Kornhaus, dessen Obergeschoss als Speicher diente und im Bernischen Barock erbaut wurde. Seit 1883 befindet sich hier ein Ausschank und ein Festsaal.

Zuletzt laufen wir noch zum Rosengarten und dann zurück über die Münstergasse zum Bundesplatz. Vom Park des Rosengartens aus genießen wir den Blick auf die Aareschleife. Unsere Führerin erzählt uns, dass das Springen in die wilde Aare zum Nationalsport wurde. Die Badenden lassen sich dann meterweit von der Strömung treiben. In der Aareschleife befindet sich die sogenannte Plattform. Hier war früher die Wohnstadt der Armen, die viel unter den Überschwemmungen des Flusses leiden mussten. Heute wohnen hier vor allem reiche Leute. Unsere Führerin hätte uns gern noch den Bärenzwinger gezeigt, aber unsere Zeit erlaubt das nicht.

Auf dem Bundesplatz mit dem Bundeshaus, finden Staatsempfänge statt. Zweimal in der woche ist hier Markt und täglich ist dieser Platz Treffpunkt für jung und alt.

Schön ist auch das Wasserspiel. 26 Fontänen versprudeln hier ihr Wasser.Das Bundeshaus ist Sitz der Regierung, des Bundesrates und des National- und Städte- Parlaments.

Das Gebäude, 1852-1902 errichtet, soll eine kostbare Innenausstattung haben: Malereien, Mosaiken und Plastiken.

Gegen 12 Uhr ist unser Altstadtbummel beendet, und wir gehen zum Bus, um in Richtung Heimat zu fahren.

Auf einem Parkplatz bei Weil am Rhein machen wir Mittagspause.. Über Breisgau, Offenburg, Baden-Baden, Bruchsal fahren wir bis zu einer Raststätte bei Heilbronn. Von hier aus fahren wir dann ohne weitere Pause über Nürnberg nach Gera. Gegen 21 Uhr kommen wir am Hauptbahnhof an. Langweilig aber war die Fahrt nicht, denn wir vertrieben uns die Zeit mit Vorlesen und singen. Beachtlich, wie viele Lieder unsere Schweizfahrenden auch textlich beherrschten und wie fröhlich und ausgelassen die Stimmung dadurch war.

Am Schluss unserer Fahrt dankte Angelika noch unserem Fahrer Jens. Er war nicht nur ein guter Fahrer, sondern auch ein hervorragender Organisator, der Bernd Kemter tatkräftig unterstützte und den wir bei weiteren ähnlichen Reisen gern wieder bemühen möchten. Ganz besonderer Dank gebührt aber unserem Bernd Kemter, der die Fahrt bis ins Detail gewissenhaft plante und organisierte. Nur durch seine Bemühungen war diese wunderschöne, interessante und lehrreiche Bildungsreise auf den Spuren Goethes überhaupt erst möglich.

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