Goethe Gesellschaft Gera e.V. » Rückblick

„Lustige Streiche“ – Abschlussveranstaltung

Am 10. Oktober 2015 fand in Kulmbach der Schreibwettbewerb “Lustige Streiche” seinen Abschluss. Darüber schrieb Uschi Prawitz in der “Kulmbacher Zeitung”:
Kulmbach. Bereits zum dritten Mal richtete der Kulmbacher Literaturverein zusammen mit der Goethe-Gesellschaft Gera einen Schreibwettbewerb aus. Dieses Mal stand er unter dem Thema “Lustige Streiche”.
Zahlreiche Teilnehmer folgten dem Aufruf des Kulmbacher Literaturvereins und der befreundeten Goethe-Gesellschaft Gera, und so entstand aus einem Schreibwettbewerb eine Anthologie, in der stattliche 59 Autoren mit ihren Kurzgeschichten vertreten sind. Und fünf davon wurden am vergangenen Samstag im Kulmbacher Restaurant “Alla rustica” zu Siegern gekürt.
Die Jury, die sich aus Karin Minet, Thomas Seubold, und Michael Roth (sowie Otti Planerer und Bernd Krüger – B. K.) zusammensetzte, hatte keine leichte Aufgabe, aus den vielen Einsendungen die fünf Gewinner herauszufiltern.
“Es war mir eine große Freude, alle Manuskripte zu bearbeiten”, sagte daher auch der Vorsitzende der Goethe-Gesellschaft Gera, Bernd Kemter. Die Texte böten ein breites Spektrum an Streichen und seien alle solide und in guter Handwerksmanier verfasst, fuhr Kemter fort, “aber natürlich befinden sich auch ein paar Leuchttürme darunter.”
Und eben die erhielten am Samstagabend Sach- und Geldpreise für ihre Geschichten, in denen es um “Rote Geranien”, eine “Hühnermutter” oder die Erinnerungen eines Lausbuben geht.
Jutta Lange, die den zweiten Preis belegte, zeigt in ihrem “Schicksalroulette”, dass man sich auch im Himmel der Vergnügungssucht hingeben kann.
Die Erstplatzierte Friederike Köstner beleuchtete den Begriff “Schildbürgerstreich” von einer ganz anderen Seite.
Drei der fünf Preisträger kommen aus Kulmbach, die beiden anderen aus Erfurt und Gera. Und dass sich Kulmbach in literarischer Hinsicht überhaupt nicht zu verstecken braucht, wusste auch der “Kulmbacher Archivarius” alias Klaus Köstner zu berichten. Der erzählte nämlich, dass sich Goethe im Jahr 1786 zwei Tage in Kulmbach aufgehalten hatte, und doch etliche seiner Werke oder Teile davon ihre Wurzeln auch in Kulmbach hätten. Aber das natürlich mit einem kleinen Schmunzeln: “Heinrich, mir graut vor dir” soll er beispielsweise über den damaligen Bürgermeister gedacht haben. Selbst Teile aus dem Faust konnte er auf den Aufenthalt in Kulmbach begründen. Ob’s so war, weiß der “Archivarius” allein.
Musikalisch abgerundet wurde die Festveranstaltung durch Beiträge von Monika Andraschko an der Zither – und spätestens beim Oberfrankenlied summten und sangen die Leute im Lokal kräftig mit.
Als kleines Schmankerl erhielten alle Wettbewerbsteilnehmer ein Exemplar (zwei Exemplare – B. K.), Kulmbacher Pralinen und jeweils ein Originalaquarell, die die Künstlerin Ilse Pfitzner für die Preisverleihung stiftete.

Du lieber Rinderhirte des Admet – Bettina von Arnim

Vortrag von Otti Planerer, Gera, am 7. Oktober 2015

Die Arnims führten in Berlin ein offenes Haus, ihr Großmut trat in glänzender Weise hervor. Sie, die Schwester Clemens Brentanos, erlebt Achim von Arnims wunderschöne Jugendnähe. Sie zankte sich mit der Günderode, denn beide liebten Arnim. Dann zankten sie sich wieder darum, ihn nicht haben zu wollen. Er musste dieses nächtliche Gespräch gehört haben. Sie krochen unter die Decke, keine muckste mehr. Am anderen Morgen, als Arnim spazieren ging, hielt die Günderode ihr Ohr an die Wand, während Bettina sprach. Ja, durchs Schlüsselloch musste Arnim ihr Gespräch gehört haben.
Bettina verehrte natürlich vor allem Goethe. 1807 trafen sie sich zum ersten Mal. Sie flog ihm sogleich an den Hals, schlief später an seiner Brust ein. Bettina schwärmte ihr ganzes Leben für Goethe. Dies hatte immer etwas Aufdringliches. In einem ihrer Briefe heißt es: „Wir gingen Hand in Hand in der lautlosen Stille der Mondnacht. Er lachte sie an: Du bist mein süßes Herz. Der Genius zwischen uns, das ist das höchste Glück.”
Im März 1811 heiratete sie Achim. Nachwuchs stellte sich ein. Sie bekamen mehrere Kinder. Doch in Wiepersdorf langweilte sie sich zu Tode. Und sie machte sich keine Illusionen. „Ach, wie sind meine Ansprüche an das Leben gesunken, und je weniger ich fordere, je mehr dingt es mir ab, und es wird mir nichts gewähren, als dass ich mich zum Schelm oder zum Lump mache … Ich habe die 12 Jahre meines Ehestands leiblich und geistigerweise auf der Marterbank zugebracht, und meine Ansprüche auf Rücksicht werden nicht befriedigt. Die Kinder, um deren irdischen Vorteil alle Opfer geschehen, werden in allem, was sich nicht mit der Ökonomie verträgt, versäumt; … wenn es nach meinem Gewissen ginge, so würde die zärtlichste Pflege ihrer geistigen Existenz alle Ausgaben dafür rechtfertigen; das Höchste, was man den Kindern an Liebe geben kann, ist, dass man sie so früh als es ihren Fähigkeiten möglich ist, mündig sein lasse, damit sie die Majestät ihrer Unschuld, die Kräfte, ja die Gewalten ihrer Gefühle noch in ihrer Gesamtheit ins praktische Leben hinüberbringen und so allein den veralteten Schlendrian eigennütziger kleinlicher Wege unterdrücken.”
Sie siedelt mit ihren Kindern nach Berlin um, während Arnim auf dem Gut blieb und dort Landwirtschaft betrieb. Von daher kommt auch in einem Brief jener Verweis auf die antike Figur des Admet, Königs von Thessalien. Der sollte sterben, weil er die Göttin Artemis beleidigt hatte. Auf Fürsprache von Apollo konnte an seiner Statt aber auch ein anderer Mensch sterben. Dies traf nun Admetos’ Gattin Alkestis. Daher die spöttische Bemerkung Bettinas: „Du lieber Rinderhirte des Admet, gedenke auch meiner unter den Kühen. Weder die braune, noch die weiße, noch die scheckige ist Dir so innig gesinnt wie ich.”
Bettina machte ihrem Mann immer wieder Mut zu eigenen literarischen Werken. Die blieben jedoch weithin unbekannt, mit Ausnahme der gemeinsam mit Brentano herausgegebenen Volksliedersammlung „Des Knaben Wunderhorn”.
Sie schrieben sich viele Briefe, sahen sich nicht oft.
1831 starb Achim von Arnim kurz vor seinem 50. Geburtstag.
Seitdem beginnt ihr zweites Leben. Sie widmet sich der Schriftstellerei. So entstehen die berühmten „Gespräche Goethes mit einem Kinde”. Goethe las oft darin. Das Buch wurde eine literarische Sensation. Auch weitere Werke entstehen, so „Dieses Buch gehört dem König”. Es ist Bettinas Bergpredigt. Ihr Engagement gilt den Armen. So war sie auch von der 48-er Revolution begeistert. Sie wollte die Vereinigung des Königtums mit der Demokratie, die Freiheit des Individuums und die unveräußerlichen Menschenrechte.
Bettinas Bergpredigt über die Armut:
„Ich sage euch: Der Reiche hat kein Recht zu geben, und die Armen müssen sich nehmen, was ihnen zukommt. Wenn sie dies vernehmen, die Reichen, die Mächtigen, die Schriftgelehrten, da werden sie zuerst verstummen vor Erstaunen. Und dann werden sie losstürmen mit Fragen: Wie? Was? Wir sollten nicht einmal das Recht haben, den Armen zu geben? Wenn wir gaben, war es nicht aus Gnade, aus Barmherzigkeit? Wir haben nicht einmal eine Pflicht und sollen ken Recht haben zu geben? O, wie seid ihr verstockt, ihr Reichen, wie ist euer Herz verhärtet, wie ist eure Seele verschlossen dem Lichte und undurchdringlich gleich einem Steine! Aus Gnade, aus Barmherzigkeit habt ihr gegeben, sagt ihr. Ja, ihr meint, einen Platz im Himmel euch zu erkaufen mit euren Gaben – aber seine Pforten werden euch verschlossen bleiben für nun und immer. – Denn wie gebt ihr? – Ihr werft den Armen eure Almosen hin, wie man einem Hunde einen Brocken zuwirft und kümmert euch nicht weiter um sie. Ihr steigt nicht hinab zu den Höhlen, wo die Not und das Elend ihr Lager aufgeschlagen haben. Wie solltet ihr auch? Der Höllendunst, den ihr einatmen müsstet, würde euren Odem verpesten; die hohlen, eingefallenen Gesichter, die ihr sehen würdet, würden euch im Traume erscheinen und euren Schlaf und eure Verdauung stören; im eignen, wohlgeheizten Zimmer würde euch frieren, wenn ihr an die Armen dächtet, die barfüßig und zerlumpt der Winterkälte preisgegeben sind. Und wovon gebt ihr den Armen? Von eurem Mammon? Ist er nicht gewonnen durch den Schweiß der Armen, oder hat ihn nicht euch zugebracht und vermehrt euer Geld, ohne dass ihr weder Hände noch Füße geregt habt? Wie also hättet ihr ein Recht, wie könnt ihr zum Verdienst euch anrechnen, wenn ihr den Armen gebt, da ihr zum Teil zurückerstattet, was ganz den Armen gehört! – Ja, das ist die neue Wahrheit, die in die Zeit gekommen ist. Aber diese Wahrheit ist noch unerkannt, gehasst, geächtet, vogelfrei. Denn noch ist das Heft der Gewalt bei den Reichen, und die wehren dieser Wahrheit den Zugang zum Volke. Darum tun sie nichts für den Geist des Volkes und erhalten es in seiner Dummheit.”

An der Saale hellem Strande

Herbstausflug am 19. September 2015
Unser Herbstausflug führte uns zunächst nach Bad Kösen. Die Anlegestelle war rasch gefunden, auch drei Kulmbacher fanden sich dort ein. So stand einer schönen, einstündigen Schiffahrt auf der MS „Rudelsburg“ nichts im Wege. Die Landschaft dort ist sehr schön. Schon auf der Fahrt hatten wir Burg Saaleck und dann auch die Rudelsburg erblickt. Die Ufer sind naturbelassene, sogar Komorane konnten wir unter den hohen Sandsteinfelsen entdecken. Muntere Gespräche begleiteten die Fahrt, leider blieb unser Kapitän stumm. Einige aufschlussreiche Informationen wären recht hilfreich gewesen. Wir stärkten uns bei belegten Brötchen und Kaffee.
Nach der Schifffahrt ging es mit dem Bus hinauf zur Rudelsburg; gar nicht leicht für unseren Busfahrer, dort einen Parkplatz zu finden. Selbst Pkw-Fahrer haben da einige Probleme.
Nun erwartete uns das Düsseldorfer „Theater der Dämmerung“. Es gab „Siddharta“ – eine indische Dichtung nach der bezaubernden Erzählung von Hermann Hesse zum besten. Zwei Spieler gestalteten das Licht-/Schattenspiel mit großen beweglichen Scherenschnittfiguren. Friedrich Raad erzählte den gekürzten Originaltext mit Headset. Der junge Siddharta sucht seine Vollendung, weltüberwindende Wunschlosigkeit. Vom Wissen seines Vaters und der PRiester enttäuscht, verlässt er mit seinem freund Govinda die Heimat, um bei den Samanas im Wald die strengste Askese zu erlernen. Doch der lebensfeindliche Zwang asketischer KAsteiungen erweist sich als schmerzvoll und unfruchtbar. Auf ihrer Wanderung lernen die Beiden schließlich die Lehr Buddhas kennen. Siddharta erkennt, dass Bewusstsein nicht durch Lehren überlieferbar ist, sondern nur durch eigene Erfahrung erworben werden kann. Durchlebte Askese, durchlebte Sinnlichkeit, insbesondere mit der Kurtisane Kamala und dem geschäftstüchtigen Kaufmann Kamaswami, führen bei Siddharta schließlich zu Menschlichkeit und Herzöffnung.
Hochinteressant ist auch die Technik: Die 21 Bühnenbilder von Siddharta, jedes 1,33 Meter breit und 1,12 Meter hoch, sind mit Glasmalfarbe auf einer 28 Meter langen Rolle aufgemalt. Diese Rolle sitzt auf einem Kugellager und wird von Hand gekurbelt.
Nach der Theateraufführung war ein Ritteressen angesagt, das sich jedoch sehr an heutigen Ess- und Trinkgewohnheiten orientierte. Spielmann Max unterhielt uns auf historischen Instrumenten.
Auf der Fahrt gab es noch viel Gelegenheit zu Gesprächen.

Goethe im Spiegel seiner Zeitgenossen

Vortrag von Iris Renner, Erfurt, am 2. September 2015

Es war der erste Vortrag nach der Sommerpause. Iris Renner von der Goethe-Gesellschaft Erfurt hielt einen Vortrag über „Goethe im Spiegel seiner Zeitgenossen“.
Er war deshalb sehr interessant, weil wir Goethe aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln vieler seiner Zeitgenossen, ob berühmt, vertraut oder sogar unbekannt, bewusster wahrnehmen und seine Entwicklung daraus erkennen konnten. Und auch deshalb, weil das Vorgetragene ein Resümee einer ungeheuren Fleißarbeit war. Iris Renner pickte aus vielen Büchern, z. B. Johann Peter Eckermann: „Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens“ oder „Goethe in vertraulichen Briefen seiner Zeitgenossen“ (3 Bände) ihre Zitate heraus. Außerdem trug sie diese als ehemalige Schauspielerin sprachlich und stimmlich gekonnt vor. Anschließend gab es mehrere Bemerkungen des Lobes.
Hier einige ihrer vorgetragenen Zitate:
Stöber an Hofrat Ring (Straßburg 4. Juli 1772, Goethe 23 Jahre alt)
„Der Herr Goethe hat eine Rolle hier gespielt, die ihn als überwitzigen Halbgelehrten bekannt gemacht. Er muss – wie man fast durchgängig von ihm glaubt – in seinem Obergebäude einen Sparren zu viel oder zu wenig haben.“
Johann Christian Kestner, der später Charlotte Buff heiratete:
„Er besitzt, was man Genie nennt, und eine ganz außerordentliche Einbildungskraft. Er ist in seinen Affekten heftig. Er tut, was ihm gefällt. Aller Zwang ist ihm verhasst.“
Christoph Martin Wieland ( 17. Oktober 1776):
„Goethe ist immer der nämliche – immer wirksam, uns glücklich zu machen. Ein großer, herrlicher, verkannter Mensch; eben darum verkannt, weil wenige fähig sind, sich einen Begriff von einem solchen Menschen zu machen.“
Johann Peter Eckermann:
„Es war eine glückliche Zeit, wo ich ihn nach und nach kennenlernte, und wo eine Welt von neuen Ansichten mir durch ihn aufging. Das waren keine fernliegenden Ideen, keine fremden Namen, nichts Gelehrtes und Abstraktes, das man nicht hätte fassen können… nein, überall Heimat, befreundete Natur, Klarheit und Leichtigkeit, überall das rechte Maß, überall Wahrheit.“
Eduard Genast (Schauspieler über Goethe als Theaterleiter):
„Bestimmte Rollenfächer durften die Schauspieler unter Goethes Leitung nicht beanspruchen. Selbst die ersten durften sich nicht weigern, eine Anmelderolle zu übernehmen. Er sagte einmal: Keine einzelne Stimme darf sich geltend machen, Harmonie muss das Ganze beherrschen, wenn man das Höchste erreichen will.“
Friedrich Schiller über Goethe:
„Er hat eine hohe Wahrheit und Biederkeit in seiner Natur und den höchsten Ernst für das wahre und Gute; darum haben sich Schwätzer und Heuchler und Sophisten in seiner Nähe immer übel befunden. Diese hassen ihn, weil sie ihn fürchten.“
Karl-Ludwig Knebel (zu Goethes 76. Geburtstag am 28. 8. 1825):
„…Die Nachwelt spricht den Namen heller aus und heftet an der Zeiten Fels das Wort….“
Goethe über sein Schaffen:
„….Ich verdanke meine Werke keineswegs meiner eigenen Weisheit allein, sondern Tausenden von Dingen und Personen außer mir, die mir dazu die Gelegenheit boten. Es kamen Narren und Weise, helle Köpfe und bornierte, Kindheit und Jugend wie das reife Alter, und alle sagten mir, wie es ihnen zu Sinnen sei, wie sie dachten und fühlten, lebten und wirkten – und ich hatte weiter nichts zu tun, als zuzugreifen und das zu ernten, was andere für mich gesäet hatten.“
Helga Zauft

Ausflug nach Molsdorf

Am 22. August war es soweit – zu unserem Sommerfest startete der Bus mit den Goethefreundinnen und -freunden aus Erfurt und Gera mit dem Endziel: Schloß Molsdorf. Kulmbacher Literaturfreunde und eine befreundete Familie aus Zeulenroda reisten mit eigenen Pkw an. Unser erstes Ziel war die Kirche St. Elisabeth in Stedten – erbaut 1745. Wie uns der Herr Pfarrer erzählte, war sie bis 1945 ein evangelisches Gotteshaus – mit besonderen Sitzplätzen für die Adelsfamilie Keller. 1944 hatte der Krieg die schöne Barock-Kirche  arg zerstört. Nach dem Wiederaufbau wurde sie ab 1976 eine katholische Kirche für die hier lebenden 224 Gemeindemitglieder. Auch berichtete der Pfarrer über einen Besuch Goethes und Wielands, die hier im Schloß 1775 Gäste des Schloßherrn waren – heute existiert das Schloß nicht mehr.
Hans-Peter Brachmanski, Mitglied der Erfurter Goethe-Gesellschaft und des Freundeskreises Schloß Stedten, gab uns interessante Informationen zum historischen Friedhof, zu den Epitaphien und Gräbern.
Weiterfahrt nach Wandersleben – wir wollten die „Menantes“-Literaturgedenkstätte besuchen, erleben. Christian Friedrich Hunold – später als „Menantes“ bekannt, wurde am 29. September 1680 hier in Wandersleben geboren. Er studierte in Jena Jura und lebte  später in Berlin. Als „Barock- Dichter und Aufklärer“ seiner Zeit verfaßte er auch „Hocherotische Werke“, die ihm zu jener Zeit viel Aufmerksamkeiten einbrachten. In Arnstadt lebte und wirkte zu dieser Zeit Johann Sebastian Bach- der „Orgel-König“ genannt. Beide lernten sich kennen und sollen ein wildes, unmoralisches Leben geführt haben. In seiner Hamburger Zeit schrieb Menantes religiöse Bücher, nachdem er seine alte Lebensweise aufgegeben hatte und wurde in Halle an der Universität lehrend wirksam. Hier heiratete er auch, zeugte vier Kinder mit seiner Frau und kehrte 1706  nach Wandersleben zurück. Am 6.August 1721 starb Menantes hier im Alter von nur 41 Jahren. Diesen kurzen Lebenslauf des „Menantes“ vermittelte uns ein Vortrag, der uns ALLEN gut gefiel, weil er viel Neues vermittelte. Die Führungen samt Erläuterungen übernahmen Bernd Kramer und Cornelia Hobohm, bei denen wir uns herzlich bedanken.
Wir fuhren weiter Richtung „Schloß Molsdorf“. Nach dem Mittagessen erlebten wir eine Schloßbesichtigung und erfuhren vieles aus dem Leben von Graf Gotter. Er wurde 1692 geboren, ging nach der Schule und dem Studium an den Wiener Hof, wurde Diplomat und soll stets in Geldnot gelebt haben. Bedingt durch seine Tätigkeit war er sehr oft auf Reisen. Man erzählte uns, das er sehr „begehrt“ bei den Damen war und dies auch genoss (lt. Kirchenbucheintrag soll er 28 Kinder gezeugt haben ). 1723 wurde er geadelt: jetzt Baron Gotter! 1740 wurde er nach nach Berlin berufen als Reichsgraf. 1762 starb er in Berlin und wurde auch dort beigesetzt.
Frau Otti Planerer von den Geraer Freunden erinnerte mit zwei vorgetragenen Briefen, die Goethe einst verfaßt hatte, an unser ALLER Hobby – Verehrung des großen deutschen Dichters.
Danach starteten wir zur Heimreise und dankten den Initiatoren und Organisatoren für diesen erlebnisreichen Tag!
Renate Dalgas

Sommerfest in Stedten

Unser Sommerfest 2015

Zu unserem Sommerfest schrieb Hans-Peter Brachmanski, Organisator der Besichtigung Stedten, folgendes:

Am 22. August 2015 planten zwei Goethe-Gesellschaften, darunter Mitglieder aus Franken, Zeulenroda, Gera und Erfurt, eine Reise in das zentral gelegene Stedten, um hier den Geburtstag des Dichters zu begehen. Dazu fertigte Helmut König eine Medaille. Terminliche Veränderungen brachten es zwar mit sich, dass der Besuch eine Woche vorverlegt werden musste, was dem Ganzen aber keinen Abbruch tat.
Im Mittelpunkt des Interesses stand natürlich der historische Ort mit seinen wenigen noch erhaltenen historischen Schlossrelikten. Darunter ganz besonders sehenswert das barocke Schlossportal mit dem angrenzenden kleinen Park. Durch dieses fuhren vermutlich Goethe und Wieland hinauf zum Schlosseingang, wo sie von der Gastgeberfamilie erwartet wurden. Das war im kalten Winter von 1775 zu 1776. In dem 1737 erbauten schlichten Landsitz verbrachte der gerade 26-jährige J. W. Goethe im Kreis der Familie v. Keller seinen ersten Jahreswechsel in Thüringen. Kein Geringerer als Christoph Martin Wieland, den eine enge Freundschaft mit Julie von Keller verband, hatte das Stedtener Treffen in die Wege geleitet. Dem jugendlichen Dichter des Bestsellers „Die Leiden des jungen Werther“ eilte ein ganz besonderer Ruf voraus. Goethes Liebesroman wurde buchstäblich in allen Landen verschlungen. Die Jugend kleidete sich wie Werther, man spielte das Stück und diskutierte es, dagegen sah sich manche Zensur gezwungen, das Buch sogar auf den Index zu stellen. Diesen über Nacht deutschlandweit berühmt gewordenen Dichter in dem doch abseits gelegenen Dorf Stedten ampfangen zu dürfen, stellte eine besondere Ehre für die Schlosseigentümer dar. Man erhoffte sich viel vom temperamentvollen Jungstar, dem eine ganz besondere Gabe der Erzählkunst zu eigen war. Der Gast entsprach den Erwartungen seiner Gastgeber. Gekonnt rezitierte der „Zauberer mit den schwarzen Augen“ aus seinen Werken und unterhielt damit die Gesellschaft über mehrere Tage hinweg. Es war dies jenes Theaterspiel, das ihm von Kindheit an vertraut war und das er so liebte. Dass Thüringen für über 50 Jahre zur zweiten Heimat Goethes werden würde, ahnte damals sicherlich niemand. Wieland berichtete später sehr ausführlich darüber.
Leider ist von dem Schloss nichts mehr vorhanden. Vor 70 Jahren wurde es im Zuge der Bodenreform gesprngt. Darauf nimmt die andere Medaillenseite Bezug. Die Medaille hat 35 mm Durchmesser und ist in Silber sowie Zinn im Münzfachgeschäft Krämerbrücke, Erfurt, erhältlich.

Ausflug nach Bamberg

Domkapitel bis Donnerwetter

Nein, wir wurden nicht ins Bamberger Domkapitel aufgenommen, aber wir lernten am 27. Juni 2015 ein interessantes Kapitel Domgeschichte kennen. Schon auf der Busfahrt nach Oberfranken trug unser Vorsitzender Bernd Kemter uns Wissenswertes über die Stadt an der Regnitz und die Domgeschichte vor, aufgeschrieben für uns vom Bamberg-Kenner Klaus Köstner aus Kulmbach. Nach herzlicher Begrüßung von Mitgliedern der Geraer Goethe-Gesellschaft und Kulmbacher Literaturfreunden ergänzte unser geschichtsbewanderter Freund vor Ort seine Ausführungen noch durch zahlreiche weitere interessante Details. Für sein nicht ermattendes Engagement für die Kontakte und die Freundschaft unserer beiden Vereine ernannten wir auf Beschluss der Mitgliederversammlung Klaus Köstner zum Ehrenmitglied der Goethe-Gesellschaft Gera auf Lebenszeit.

Bei einer Führung im Diözesan-Museum Bamberg konnten wir noch mehr über die Gründung des Bistums 1007 durch Kaiser Heinrich II, über den Bau des Doms und die Bedeutung des Gotteshauses erfahren sowie die Figuren betrachten, die es einst schmückten – heute als Kopien.
Nachdem wir uns in „Scheiners Gaststuben“ an Schäufele, Forelle, Salat oder Krustenbraten samt Bier, Wein oder Wasser gelabt hatten, konnten wir nun den Kaiser-Dom auch von Innen besichtigen. – Am Vormittag hatte es hier gerade eine Priesterweihe gegeben. – Besonders wichtig war für uns Besucher, den berühmten Bamberger Reiter zu sehen, die etwa 1230 aus Sandsteinblöcken gefertigte, mittelalterliche Reiterplastik. Sie soll den ungarischen König Stephan darstellen oder – nach neuesten Erkenntnissen – einen der Heiligen drei Könige.
Ebenso bewunderten wir das von dem bekannten Künstler Tilman Riemenschneider um 1500 geschaffene Hochgrab des Kaiserpaars Heinrich und Kunigunde. Auch der von Veit Stoß gestaltete Marienaltar – auch Weihnachtsaltar genannt – im Querschiff des Doms ließ uns staunen über die Kunstfertigkeit früherer Bildhauer. Denn die auf dem Altar in Lindenholz dargestellten Szenen wirken ebenso lebenecht wie die steinernen auf dem Sarkophag des heilig gesprochenen kaiserlichen Paars. Nicht unerwähnt bleiben sollen zudem die Arbeiten der zahlreichen namenlosen Künstler, die ebenso ihrem Beitrag zum Gesamtbild des beeindruckenden Doms leisteten.

Wir leisteten uns später im herrlich blühenden Rosengarten Eis, Kaffee und Kuchen, aber zuvor noch eine kleine Vorlesestunde auf einer  Zuschauertribühne, die zwar für ein Konzert errichtet war, uns aber gerade recht kam. So lasen aus unserer Gesellschaft Erika Seidenbecher und Helga Zauft aus ihren literarischen Arbeiten vor, von Kulmbacher Seite gaben drei Literaturfreunde einiges aus ihrem Schaffen zum Besten. Alle bekamen viel Beifall.

Am späten Nachmittag wollten wir unseren Besuch in Bamberg noch mit einem kleinen Stadtbummel ausklingen lassen. Aber wir kamen gerade mal dazu, einen Blick auf einige der schönen Fachwerkhäuser und Fassadengemälde sowie auf „Klein Venedig“ zu werfen. Dann mussten wir eilen, denn der Himmel grollte schon verdächtig. – Warum nur dieses Donnerwetter? Wir hatten uns doch alle recht manierlich benommen und auch unser Mittagessen aufgefuttert. – Als sich die Himmelsschleusen öffneten, konnten wir uns gerade noch unter einen arkadenartigen Hauseingang retten, von wo uns freundlicherweise der Schrödersche Busfahrer abholte, so dass wir glimpflich davon kamen und nicht bis auf die letzte Faser nass wurden. Der Abschied von den Kulmbacher Literaturfreunden, die die wunderbaren Erlebnisse in Bamberg für uns organisiert hatten, fiel somit recht kurz, allerdings überaus herzlich aus. Aber wir sind sicher, dass wir uns bald wiedersehen. Zumindest zu unserem Sommerfest am 22. August und zum Herbstfest am 19. September auf der Rudelsburg, eine gemeinsame Veranstaltung der Erfurter und Geraer Goethefreunde, sind sie schon herzlich eingeladen.

Mit fröhlichen Gesängen sorgten wir in unserem Regen-Unterstand und dann auf der Heimfahrt dafür, dass trotz des dunklen Himmels trübe Gedanken gar nicht erst aufkommen konnten, sondern uns dieser Tag als wunderbarer Ausflug in Erinnerung bleibt.

Angelika Kemter

Hier noch der Auszug aus einer E-Mail von Klaus Köstner, der sich sorgt, ob wir gut heim gekommen sind. Er schreibt:

„Es hat uns viel bedeutet, Euch einen Eindruck zu vermitteln von der einmaligen Stadt Bamberg, die wir so sehr schätzen und oft besuchen MÜSSEN. Leider haben die Aufbauarbeiten im Dom sehr gestört. Aber darüber ist man machtlos…
Es kam – vor allem aus Euren Reihen – die Anregung, für unseren nächsten Ausflug wieder Bamberg als Ziel zu wählen und sich die Stadt näher anzusehen. Das würden wir natürlich so gern tun!!!
Für Eure wunderschönen Ausflüge werden wir werben und hoffen, es schließen sich uns einige unserer Mitglieder an.
Eure Ehrung, von der ich im Prinzip wusste, hat mich TIEF  bewegt, und ich danke Euch allen noch einmal von Herzen!!! Mir ist bewusst, dass sie – angesichts des Rangs einer renommoierten Goethe-Gesellschaft –  eine besonders hohe Auszeichnung darstellt. Ich gebe mir Mühe, Euren Erwartungen gerecht zu werden.
Euer Klaus n.h.“

Ausflug nach Leipzig

Mein Leipzig lob‘ ich mir

„Mein Leipzig lob‘ ich mir! Es ist ein Klein-Paris und bildet seine Leute!“ Das meinte der Student Goethe. Aber weder der spätere Herr Geheimrat noch ich reichlich 200 Jahre später während meines Leipziger Studiums ahnten, dass die Messe-, Bach- und Goethe-Stadt sich heute durchaus auch mit Venedig messen kann. Bei unserem Ausflug am 13. Juni 2015 mit Erfurter und Geraer Goethefeunden nach Leipzig konnten wir jedoch sowohl optisch als auch körperlich wahrnehmen, dass Wasserstraßen für Leizig an Bedeutung gewinnen. Bei einer Bootstour über die Pleiße und verschiedene Kanäle lernten wir Leipzig vom Wasser aus kennen. Wobei sich selbst Goethes wenig bekannter Zusatz in dem bekannten Spruch als wahr erwies: Leipzig bildet seine Leute und Gäste. Denn unser „Kapitän“ fütterte uns nicht nur mit Kaffee und anderen Getränken, sondern auch mit viel Wissenswertem über die Leipziger Wasserwelt. Sie erstreckt sich mit dem  Stadthafen bis ins Zemtrum der Metropole und soll noch so ausgebaut werden, dass sich bequem per Motor- oder Paddelboot das Neu-Seenland erreichen lässt.

Wasser von oben bekamen wir zum Glück nur wenig ab, dann ging’s schon wieder per Bus in die Innenstadt bis zum Gewandhaus und von da per pedes zum berühmten Auerbachs Keller. Frisch gestärkt beim Mittagsmahl konnten wir uns hernach ohne Magenknurren der Kultur hingeben. Eine nette und sachkundige Mitarbeiterin erzählte uns Wissenswertes über die Entstehung des historischen Lokals und führte uns durch jene Räume, in denen nur zu besonderen Anlässen oder für hochrangige Gäste aufgetafelt wird. So lernten wir das Alt-Leipzig-Zimmer mit seinen Gemälden kennen, aber natürlich interessierten wir uns als Goethe-Freunde am meisten für den gotisch gewölbten „Goethe-Keller“ und den in Goethes „Faust“ erwähnten „Fass-Keller“. Letzteren ziert ein
aus einem einzigen Baumstamm geschnitzter beeindruckender Hexenritt und ein historisches Weinfass, auf dem der Sage nach der Magier Johann Faust aus dem Keller geritten sein soll.

Wir ritten nicht auf einem Fass heimwärts, sondern nutzten unseren Bus, zumal alsbald nicht Wein in unsre Münder, sondern Wasser aus himmlischen Gefilden auf unsere Häupter herab plätscherte. Dennoch gelang uns der geplante Abstecher zur Gustav-Adolf-Gedenkstätte Lützen südwestlich von Leipzig. Der Schwedenkönig war hier in einer Schlacht im November 1632 getötet worden. Über 200 Jahre erinnerte nur ein großer Findling an seinen Todesort. Dann überkrönte man den Stein mit einem von Schinkel entworfenen Baldachin, 1906/1907 wurde die Gustav-Adolf-Gedächtniskapelle gebaut, später die Gedenkstätte mit zwei Holzhäusern komplettiert. In einem befindet sich ein kleines Museum, das wir ebenfalls besichtitgen. Warum? Weil wir als Goethe-Freunde immer auch ein wenig über den Tellerrand schauen wollen und uns wie der Minister und Dichter für viele Dinge, Menschen und Ereignisse interessieren.

Angelika Kemter

Herder, Licht, Liebe, Leben

Vortrag von Dr. Egon Freitag, Weimar, am 1. Juni

Johann Gottfried Herder (1744 – 1803) gehört zu den großen Vier der Weimarer Klassik. Er stammt aus Mohrungen östlich der Weichsel. Sein erstes Gedicht war gewissermaßen „Schmuggelpoesie”. Er fand nämlich eine Anstellung als Gehilfe des Mohrunger Diakons Sebastian Friedrich Trescho. Herder benutzte dessen umfangreiche Bibliothek, um sich an den Werken der großen antiken und zeitgenössischen Schriftsteller zu bilden. Dort entdeckte er das Hochzeitslied „Anke van Tharow” des samländischen Dichters Simon Dach. Herder übertrug das Lied ins Hochdeutsche und nahm es in seine Volksliedersammlung auf. Als „Ännchen von Tharau” wurde es berühmt und auch mehrfach vertont.
Trescho sandte Manuskripte an den Königsberger Verleger Johann Jacob Kanter. Der 17-jährige Herder übernahm das Abschreiben, Versiegeln und Wegschicken und schmuggelte ein selbstverfasstes Gedicht in die Sendung. Ein paar Posttage später schrieb der Verleger an Trescho, er habe in dem Paket ein Gedicht gefunden, mit dem Titel „Gesang an den Cyrus”, aber ohne Angabe des Verfassers. Da dieses Gedicht voll „Geist und Salbung” sei, habe er es sogleich drucken lassen. Es fand große Zustimmung. Gern hätte er jedoch den Namen des Verfasser gewusst. Daraufhin stellte Trescho seinen Gehilfen zur Rede …
1762 kam Herder nach Königsberg, unternahm von Riga, wo er als Prediger arbeitete, aus eine weite Seereise. Er kam auf seinen Reisen nach Dänemark, Frankreich, Brüssel, Paris, aber auch in den Elsaß und nach Böhmen. In Darmstadt lernte er Caroline Flachsmann kennen, seine spätere Frau. Gemeinsam lasen sie Gedichte, so die Oden Klopstocks, pflegten „muntere Schäkerei und die Freuden der Gesellschaft”. Da es sich um eine Bildungsreise handelte – Herder begleitete den 17-jährigen Erbprinzen Peter Friedrich Wilhelm von Holstein-Gottorp -, musste sich Herder von Caroline verabschieden. Der zweite Teil dieser Bildungsreise führte Herder nach Straßburg. Er wohnte zunächst im Gasthaus „Zum Geist”, unverhofft war auch Goethe dort einquartiert. Anfang Oktober 1770 kam es zur ersten Begegnung. Goethe fühlte sich von der Persönlichkeit Herders angezogen, bewunderte seine umfangreichen Kenntnisse und tiefen Einsichten. Dabei war ihre Beziehung zuweilen durchaus gespannt; Herder konnte den um einige Jahre Jüngeren schelten, tadeln und auch höhnen.
Herder vollendete in Straßburg den „Ursprung der Sprache”. Die Sprache sei nicht göttlichen Ursprungs, sondern vom Menschen selbst erschaffen. Es handelt sich um die erste historische Sprachtheorie. Herder sammelte für Goethe Lieder, insgesamt 172. Er pries die wunderbare Kraft des Volksliedes, „die Entzückung, die Triebfeder, den ewigen Erb- und Lustgesang des Volks” und forderte zum weiteren Sammeln auf. Im Gegensatz zu Achim von Arnims und Clemens Brentanos „Des Knaben Wunderhorn”, das ausschließlich deutsche Volkslieder enthielt, sammelte Herder aus aller Welt. So befanden sich in seinen „Stimmen der Völker in Liedern” sogar keltische Lieder und ein Opferlied an eine peruanische Regengöttin.
Goethe nahm auch an der Hochzeitsfeier von Herder und Caroline teil. Herder war mit 600 Talern Schulden in die Ehe getreten. Dennoch begann jetzt eine glückliche Zeit. Seine Lina sei „blauäugig wie das Himmelszelt, ein schwebender Engel auf dieser Welt.”
Er wurde Oberprediger in Bückeburg: „Begraben unter Büchern und gelehrtem Staub”.
Herder hatte acht Kinder, sieben Jungen und ein Mädchen.
In Bückeburg entfaltete Herder eine erstaunliche Produktivität, auch um seine Schulden zu begleichen. Er schrieb seine „Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit” und erklärte: „Es ist Feuer darin und glühende Kohlen auf die Schädel unseres Jahrhunderts.” Zugleich fasste er den Plan, seine Volksliedersammlung herauszugeben. Sie erschien 1778 und 1779 in zwei Teilen.
Am 1. Oktober 1776 traf Herder mit seiner Frau und zwei Söhnen in Weimar ein. Goethe hatte dies beim Herzog vermittelt, denn die Stelle des Superintendenten, mit der weitere kirchliche Ämter verbunden waren, war vakant. Wieland begrüßte Herder hocherfreut: „Herder predigt, wie noch nie jemand gepredigt hat, so wahr, so simpel, so fasslich, und doch alles so tief gedacht, so rein gefühlt, so schwer an Inhalt!” Es erschienen die „Ideen zur Geschichte der Philosophie der Menschheit”. Doch die Plackerei seiner Ämter störte ihn bei seinen Plänen.
Für seine universelle, fast enzyklopädische Bildung besaß Herder eine umfangreiche Bibliothek. Sie umfasste etwa 8000 Bände (Goethe ca. 7000, Wieland ca. 6000, Schiller ca. 800).
Auch Schiller lobte Herders Predigten, wusste aber auch von manchem Ehestreit zu berichten. War dies der Fall, kam es vor, dass sie verschiedene Etagen bewohnten, ein Bote überbrachte dann Briefe. Immer lenkte Caroline ein: „Diesem Gott kann niemand zürnen.” Sie liest aus einem Buch, und Herder fällt ihr um den Hals.
Goethe und Herder halten allmählich Freundschaft, so übernahm Herder Korrekturen zu „Iphigenie auf Tauris”. Herder verhielt sich auch loyal gegenüber Christiane Vulpius. Ja, er taufte sogar taktvoll im Goethehaus den unehelichen Sohn August und hat ihn auch 1802 konfirmiert.
Herders Hauptwerke: „Ideen zur Geschichte der Philosophie der Menschheit”, „Stimmen der Völker in Liedern”, „Briefe zur Beförderung der Humanität”.
Er verfasste aber auch erotische Texte, zum Beispiel „Lieder der Liebe”.
Er reiste auch nach Italien, diese Reise dauerte elf Monate. 1802 erhielt er aus persönlichen Gründen (Grunderwerbswunsch eines nicht-adligen Verwandten) den bayrischen Adelstitel, der jedoch vom Weimarer Herzog nicht anerkannt wurde.
Herder lehnte Schillers „Räuber” ab. Anlass war, dass bei den Aufführungen die Studenten stets das Räuberlied sangen, was Herder als anstößig empfand.
Herders Wahlspruch „Licht, Liebe, Leben” stammt aus dem Johannes-Evangelium.

Auf den Spuren Goethes ins Fichtelgebirge

Tagesausflug am 9. Mai 2015
Auf den Spuren Goethes ins Fichtelgebirge am 9. Mai

Nach unserer Ankunft im Fichtelgebirge stand zunächst der Ochsenkopf auf dem Programm. Mit der Seilbahn fuhren wir hoch zum Gipfel. Goethe hatte in Begleitung diesen Gipfel besucht, dort meteorologische Beobachtungen durchgeführt. Von besonderem Interesse ist jedoch seine Entdeckung einer merkwürdigen Bergwiese, die er dann in Begleitung seines Freundes Knebel und eines Botanikers besichtigte. Die kleine Gruppe stieg dazu durch mehrere kurios durcheinander liegende Granitmassen hinab. Dort entdeckten sie nicht nur die Moosbeere, sondern auch den fleischfressenden Sonnentau. Einige tote Insekten befanden sich zwischen den Fanghärchen. Goethes Entdeckung war zweifelsfrei richtig, doch wurde sie seinerzeit von Fachbotanikern vehement bestritten. Kein Geringerer als Charles Darwin bestätigte wenige Jahrzehnte Goethes Entdeckung.
Wir stärkten uns in der Baude und fuhren anschließend mit der Seilbahn wieder ins Tal. Nun stand das berühmte Felsenlabyrinth der Luisenburg bei Wunsiedel auf dem Programm. Da nicht alle gut zu Fuß waren, teilten wir uns konditionsgemäß in zwei Gruppen. Unsere Führerin zeigte uns die imposanten mächtigen Felsgebilde, darunter auch die so genannten „Wollsäcke“, „Napoleons Hut“ und „Helgoland“. Letztere Bezeichnungen gehen auf Napoleons Kontinentalsperre zurück; über die Insel Helgoland gelangte Schmuggelware, insbesondere Rohrzucker, auch nach Wunsiedel, wo sich Zuckerraffinerien befanden.
Entgegen der Auffassungen der Plutonisten, die die Entstehung der Gesteine vor allem auf heftige Ereignisse, wie Erdbeben und Vulkanausbrüche zurückführten, gelangte Goethe zu einer, auch in der heutigen Geologie noch gültigen Erklärung. Die merkwürdigen Gebilde sind über Jahrtausende hinweg durch Erosion, Frostaufbrüche, Fließerden u. ä. entstanden.
Das Seehaus zu finden, gestaltete sich ein wenig schwierig, dennoch war der Zeitverlust von einer halben Stunde noch zu akzeptieren. Hier oben folgte Goethe dem Paschenbach, schlussfolgerte den richtigen Standort des Weißen Mains. Am Seehaus beobachtete er voller Respekt die Arbeit der Bergleute, die winzige Zinnkügelchen aus dem lehmichten Wasser gewannen. Viel Erfahrung und ein scharfes Auge waren hierfür vonnöten.
Wir stärkten uns im Seehaus und fuhren mit vielfältigen Eindrücken wieder nach Hause.
Auf dem Ochsenkopf kam die Frage auf, woher dieser merkwürdige Name denn stamme.
Auf Nachfrage teilte Adrian Roßner vom Fichtelgebirgsverein folgendes mit:

Sehr geehrter Herr Kemter,

Von unserer Geschäftsstelle kam heute eine Weiterleitung Ihrer Anfrage in mein
Postfach, sodass ich versuchen will, den Namen dieser zweithöchsten Erhebung
unseres Fichtelgebirges – wenigstens in Ansätzen – zu erklären. Fakt nämlich
ist, dass sich die Geister über die Herkunft dieser recht seltsam anmutenden
Bezeichnung scheiden und sie ohnehin erst im Zuge des späten 17. Jahrhunderts
fassbar wird. Frühere Beschreibungen bspw. aus der Feder Caspar Bruschius
schweigen sich komplett über den Namen aus und auch beim „Teutschen Paradeiß“
des Magisters Will heißt es lediglich: „Die höchste Spitze des Berges heißet von
Alters her der Ochsen-Kopf, ohne dass man weiß, warumb (sic).“ Wie es stets zu
beobachten ist, wenn Menschen verzweifelt auf der Suche nach dem Sinn und Unsinn
diverser althergebrachter Begebenheiten sind, ranken sich denn schließlich um
den Ochsenkopf unzählige Mythen und Legenden. Angefangen von einem heidnischen
Tierkult, der einst in Anbetung des Sonnengottes dort oben vollzogen worden sein
soll, über folgende Erzählung ist dabei alles vertreten:

Einst wandelte der Herr Jesus Christus auf der Erde, was eine große Freude für
sie war. So geschah es denn auch, dass sie sich, als er wieder gen Himmel fahren
wollte, an seine Füße hing und ihn nicht gehen lassen wollte. Da beschwor der
Herr Wolken herauf, die seine Beine befreiten und aufgrund deren weißer Farbe
die entstandene Erhebung bis heute „Schneeberg“ heißt. Der Teufel war dadurch
derart in Rage geraten, dass er sich als Erlöser ausgab und ebenfalls auf die
Erde stieg. Diese wiederum klammerte sich erneut an die Beine des gen Himmel
Auffahrenden, erkannte jedoch schnell, dass es sich dabei nicht um den Sohn
Gottes handelte, sondern um den gefallenen Engel. Da erschrak sie, ließ los und
rief: „Was bin ich doch für ein Ochsenkopf“.

Um die ganze Geschichte ein wenig abzukürzen, stimmt keine der eben angebotenen
Erklärungen mit den Tatsachen überein – vielmehr handelt es sich beim Namen um
eine Ableitung von einer einem stilisierten Ochsenkopf gleichenden
Form/Ritzzeichnung am Gipfel des Berges. Auch über deren Bedeutung stritten sich
die Gelehrten, ehe man darauf kam, dass es sich dabei am ehesten um ein Zeichen
der Venediger handeln könnte. Über diese „Schatzsucher des Fichtelgebirges“ habe
ich vor einiger Zeit einen Beitrag in unserem Siebenstern veröffentlicht, den
ich Ihnen hier hinterlege:
https://app.box.com/s/al1qw016t5efuob4nvuj

Ich hoffe, ich konnte Ihnen damit ein wenig weiterhelfen und verbleibe

Mit lieben Grüßen,

Adrian Roßner